Delorko, Ratko

Online-Klavierunterricht klipp und klar

Das Praxisbuch zur Distanzlehre am Klavier

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Zeitklang, Essen 2021
erschienen in: üben & musizieren 1/2022 , Seite 57

Onlineunterricht ist während der Corona-Pandemie zu einem aktuellen Thema geworden. Der seit Jahrzehnten als Pianist und Komponist tätige Ratko Delorko füllt mit seinem Praxisbeitrag eine gerade entstandene Markt­lücke. Und das in bewährter Manier, wie schon bei anderen Themen rund um das Klavier in diversen Fachzeitschriften: mit gut verständlichen Formulierungen und vielen praxiserprobten, detaillierten Tipps.
Da es hier um die umfangreiche Verwendung von Technik geht, müssen weniger technikbegeisterte LeserInnen einiges an Informationen verdauen. Den Technikaffinen begegnen viele bekannte, möglicherweise auch neue Informationen, die sie mit ihren eigenen Erfahrungen im ­digitalen Umgang vergleichen können: seien es die Kameraeinstellung mit der passenden Beleuchtung, die Verwendung unterschiedlicher Mikrofone, die Auswahl der entsprechenden Geräte und deren erfolgreiche Verknüpfung oder auch Vorschläge zu für die Übertragung geeigneten Programmen. Allgemeine pädagogische Hinweise und Vor- und Nachteile des Onlineunterrichts kommen ebenfalls zur Sprache, aufgeteilt in 15 Kapitel, untergliedert in überschaubare Unterabschnitte und ergänzt durch verdeutlichendes Bildmaterial.
Bei aller Begeisterung, die der Autor vermittelt, fehlen aber entscheidende Fragestellungen, beispielsweise nach dem grundlegenden Sinn des Onlineunterrichts im Vergleich zum regulären Präsenzunterricht. Hier erweckt Delorko manchmal den Eindruck, als wäre die vorbehaltlose Verwendung jedweder Technik ein fortschrittliches Verhalten und die Sehnsucht nach dem „guten alten Unterricht“ ein lediglich regressives Ansinnen. Dabei wäre gerade ein bewusstes, abwägendes und auch Distanz wahrendes Verhalten gegenüber der uns überrollenden Technikentwicklung fortschrittlich, wo es um die Fragen des zwischenmenschlichen Miteinanders und der künstlerischen Wertevermittlung sowie Fragen der Umwelt (Elektrosmog, Strahlenbelastung, Elektronikmüll etc.) geht.
Natürlich wird es irgendwann einmal nach der Pandemie weitergehen und dann wird sich sicher vieles verändert haben. Hier bieten die digitalen Medien einige Möglichkeiten, den bisherigen traditionellen Unterricht zu ergänzen und dem Autor ist beizupflichten, wenn er im Schlusskapitel sagt: „Es ist absolut wichtig, den Umgang mit digitalen Medien zu erlernen und digitale Medien zu durchdringen und zu verstehen… Ich bin sicher, dass wir bald viele hybride Formate erleben werden. Die Mischung aus digitaler Arbeit und Präsenz-Unterricht macht es.“
Insofern gibt diese durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft von Nordrhein-Westfalen geförderte Praxisanleitung vielfältige Anregungen und führt gleichzeitig zu wesentlichen Fragestellungen.
Christoph J. Keller