Orchesterpraxis

Wege zum schönen Blasorches­terklang, clarino.extra, Band 7

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: DVO Druck und Verlag ­Obermayer, Buchloe 2011
erschienen in: üben & musizieren 6/2011 , Seite 58

Sicher kennen Sie das: Sie haben eine Musikzeitschrift abonniert, lesen einen Artikel und denken: „Super! Den schneide ich mir aus!“ Er kommt bestenfalls in irgendeinen Ordner und wird dort vergessen. Vielleicht gesellt sich nach einiger Zeit noch ein zweiter Artikel dazu, aber man holt diese Literatur in den seltensten Fällen wieder hervor und beschäftigt sich damit. Schade eigentlich, denn diese Artikel können wichtige Helfer im Musikerleben sein.
Klaus Härtel, Chefredakteur der Zeitschrift clarino.print, hat es sich zur Aufgabe gemacht, in der Reihe „clarino.extra“ Fachartikel aus 20 Jahren Clarino bzw. clarino.print thematisch zu gliedern und zu Büchern zusammenzustellen. Herausgekommen sind bis heute sieben Bände mit Titeln wie Komponistenwerkstatt – Werke deutscher Blasmusikkomponisten, Thema Saxofon – Fach­liches, Praktisches und Unterhalt­sames und Mozart und seine Zeit – Leben und Werke aus blasmusikalischer Sicht.
Der neueste Streich trägt den viel versprechenden Titel Orches­terpraxis – Wege zum schönen Blasorchesterklang. Nicht ganz unvoreingenommen beginne ich in dem Buch zu blättern, dann zu lesen. Eine halbe Stunde später bin ich voller neuer Ideen, habe über Aspekte verschiedener Sitz­ordnungen nachgegrübelt und mir die im Buch vorgestellten Intonations- und Klangbalanceübungen bildlich verdeutlicht. Der Artikel von David C. McCormick, welcher aus der Sicht eines „blasmusikalischen Hinterbänklers“ einen Brief mit dem ­Titel „Nicht reden, dirigieren!“ schreibt, hat mich nicht nur zum Lachen gebracht, sondern mir auch aufgezeigt, was nicht nur ich einerseits im Orchester sitzend oft dachte – „Wenn du piano hören willst, dirigiere piano!“ –, andererseits vor dem Orchester stehend, nämlich auf dem Dirigentenpodium, ahnte: „Langweilen sich die Musiker, wenn ich mit Worten erkläre, was ich mit dem Stock nicht zu zeigen in der Lage bin?“
Mein Fazit: Blasorchesterdirek­tion wird immer professioneller, die Ausbildung der AmateurmusikerInnen immer besser. Da reicht ein durchschnittliches Dirigat nicht mehr aus. Amateure wie Profis erwarten das Besondere und Ganzheitliche. Wer als Dirigent Anregungen und Tipps aus der Praxis für die Praxis sucht, ist mit diesem Buch bes­tens beraten, da es sich nicht nur mit Offensichtlichem wie dem Einstimmen, der Interpretation, der Klangbalance und Intonation, sondern außerdem mit wichtigen sozialen und psychologischen Faktoren auseinandersetzt, die in jedem Ensemble hör­bare Verbesserungen erzielen können.
Dieses Buch ist ein Muss für jeden, der vorne steht oder gerne stehen möchte, und ein unterhaltsamer Einblick für jeden, der auf der anderen Seite sitzt.
Kristin Thielemann