Kumpe, Andrea

Orgelunterricht für Jugendliche und junge Erwachsene

Entwicklung eines integrativen instrumentalpädagogischen Ansatzes

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Bosse, Kassel 2014
erschienen in: üben & musizieren 3/2014 , Seite 54

In kaum einem instrumentalpädagogischen Fach man­gelt es so sehr an wissenschaftlichen und didaktischen Publikationen wie in der Orgelpädagogik. Diesen defizitären Umstand erkennt auch die Autorin, die mit ihrer Dissertation „orgelpädagogische Grund­lagenarbeit“ leisten will.
Einer komprimierten, gewisse Aspekte (z. B. Orgelunterricht mit Kindern) vernachlässigenden Standortbestimmung der Orgelpädagogik in Theorie und Praxis folgt eine Erörterung lernpsychologischer und instrumentalpädagogischer Grundlagen, auf deren Basis ein „integrativer inst­rumentalpädagogischer Lernansatz“ für den Orgelunterricht mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen entwickelt werden soll. Bedauerlicherweise kommt dieses Ziel wie auch die eigent­liche wissenschaftliche Leistung der Autorin, eine deutschlandweite empirische Studie, im Vergleich zur ausladenden Darstellung psychologischer und instrumentalpädagogischer Grundlagen zu kurz. Professionell ausgebildete Lehrende werden in dieser Arbeit wenig grundlegend Neues erfahren; vor allem das von der Autorin immer wieder strapazierte Schlagwort des „integrativen instrumentalpädagogischen Lernansatzes“ suggeriert Innovativeres, als tatsächlich dahintersteckt: Gemeint ist damit lediglich die Zusammenführung von Literaturspiel, Improvisation und Liedbegleitung im Orgelunterricht – ein didaktisches Konzept, das in andere Inst­rumentalfächer längst Eingang gefunden hat.
Da aber gerade die mangelnde Professionalisierung in der Orgelpädagogik eines der aktuellsten Probleme darstellt, dürfte das Buch für viele KirchenmusikerInnen, die meist erst in zweiter Profession auch Orgel unterrichten, eine bereichernde Lektüre sein. Die von der Autorin angekündigte Orgelschule, in der das in der Dissertation vorgestellte Konzept verwirklicht werden soll, darf vor dem Hintergrund der größtenteils unzulänglichen Schulwerke mit Spannung erwartet werden.
Was die Autorin allerdings nicht leistet, ist eine kritische Hinterfragung der traditionellen Rahmenbedingungen des Orgelunterrichts. Aufbauend auf die Ergebnisse aus ihrer Studie, die sich zwar an alle Orgellehrenden in Deutschland wandte, de facto jedoch in erster Linie am Berufsbild KirchenmusikerIn orientiert war, richtet sie das Konzept an den vorgefundenen, vom kirch­lichen Kontext geprägten Rahmenbedingungen aus: Zielgruppe bleiben nach wie vor Jugendliche und junge Erwachsene, deren Ziel es nicht zuletzt auch sei, Gottesdienste musikalisch zu gestalten.
Trotz dieser konventionellen Grundausrichtung darf von einem im pädagogischen Sinne zeitgemäßen und für die Orgelpädagogik innovativen Konzept gesprochen werden, von dem zu hoffen bleibt, dass viele wertvolle Impulse in Praxis, Didaktik und Forschung ausgehen.
Margareth Tumler