Bartók, Béla

Petite Suite

für Klavier solo

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Universal Edition, Wien 2013
erschienen in: üben & musizieren 4/2013 , Seite 60

Unter neuer Verlagsnummer legt die Universal Edition die aus dem Jahr 1995 stammende revidierte Ausgabe der Petite Suite erneut vor. Herausgeber ist Bartóks Sohn Peter, der im Vorwort auf die Tätigkeit seines Mitarbeiters hinweist: „Die Durchsicht der Quellen und der veröffentlichten Ausgaben wurde von Nelson Dellamaggiore vorgenommen.“
1931 schrieb Bartók auf Anregung von Erich Doflein die 44 Duos für zwei Violinen. Diese entstanden auf der Grundlage von sowohl ungarischen Bauernliedern als auch von solchen aus verschiedenen südosteuropäischen Regionen. Die Melodien integrierte er in freier Weise in seinen persönlichen Komposi­tionsstil. Der vollständige Band, ein gutes Beispiel für kulturellen Pluralismus, erschien 1933 bei der Universal Edition.
Bartók war nicht nur der große Komponist, der auch ein bedeutendes Klavierwerk schuf, sondern auch ein exzellenter Pianist, der z. B. die Uraufführungen seiner beiden extrem schwierigen ersten Klavierkonzerte unter Furtwängler (1927) bzw. Rosbaud (1933) bestritt. Die Petite Suite ist eine seiner letzten Klavierschöpfungen. Sie basiert auf einigen der 44 Duos, die er 1936 für Klavier neu konzipierte und 1938 veröffentlichte; 1943 erschien eine revidierte zweite Version, die um das „Tanzlied“ ergänzt wurde. Die Petite Suite hat Bartók so instrumentengerecht übertragen, dass eigenständige Klavierstücke entstanden, deren für Streicher konzipierte Vorlagen kaum als solche erkennbar sind.
Die technischen Probleme erreichen nicht die hohen Schwierigkeitsgrade, die von Werken wie der Sonate oder Im Freien bekannt sind. Dennoch ist die Suite keinesfalls ein leichtes Stück. Besonders auffällig sind Nonen- und Dezimengriffe, bei denen Bartók – durch die große Spannweite seiner Hände bedingt – selber kaum Schwierigkeiten gehabt haben dürfte. Eine weitere Herausforderung bilden die Oktaven, die im ersten Satz („Getragener Gesang“) in der linken Hand legato gespielt werden. Im fünften Satz („Kleinrussisch“) bietet der Komponist in der rechten Hand statt eines Oktavenglissandos eine einstimmig geführte Septole als Ossia-Ver­sion an. Probleme können sich auch aus den (verpflichtenden) Tempovorstellungen Bartóks ergeben. Zu jedem Satz hat er sowohl Metronom- als auch Zeitangaben geliefert; diese werden im Vorwort vom Herausgeber kommentiert.
Mit der Petite Suite wird ein bedeutendes Werk präsentiert, das es verdient, in Studium und Konzert berücksichtigt zu werden. Es verkörpert ein schönes Beispiel für die von Bartók gepflegte Integration von Bauernmusik seiner engeren und weiteren Heimat in Kunstmusik.
Peter Roggenkamp