Arens, Barbara

Piano Misterioso

28 magisch leichte Stücke

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 2015
erschienen in: üben & musizieren 2/2016 , Seite 52

Die Pianistin und Klavierpädagogin Barbara Arens hat bereits zwei Hefte vorgelegt, aus denen sie zwei Stücke für die Sammlung Piano Misterioso übernahm. Sie soll die Fantasie anregen zum Wandeln auf Pfaden des Geheimnisvollen, Dunklen. Dazu wählt Arens lateinische Titel, deren Geheimnis durch Übersetzungen und partielle Beschreibung von Assoziationen anlässlich des Schreibens zurückgenommen wird. Dennoch können diese dem Spiel förderlich sein. Der Untertitel „28 magisch leichte Stücke“ gemahnt an Werbesprache.
Alle Stücke stehen gemäß der Autorin in Moll, dennoch sind einige modal (z. B. „Arthuriana“ in dorisch), während „Somnia Doria“ entgegen des Titels nicht in der dorischen Tonart steht. Den Anspruch, technisch leicht zu schreiben, setzt die Autorin durch reduzierten Einsatz von Vorzeichen, geringe Spanne der Hände und Vermeidung vollgriffiger Akkorde oder Daumenuntersatz um. Dies geschieht nicht progressiv oder systematisch, so kann es sogar zur Oktavspanne mit anschließendem Übergreifen („Fabula tristis“) oder zu raschen Läufen kommen („Arthuriana“). Als Begleitmuster verwendet Arens häufig Quinten in paralleler Führung, für AnfängerInnen nicht immer einfach zu realisieren. Die akribische Bezeichnung mit Fingersätzen zeigt die erfahrene Klavierpädagogin.
Die 28 kurzen Stücke dieses Bandes sind Aphorismen, die den jeweiligen Titel musikalisch zu fassen suchen. Sie unterscheiden sich dadurch klar voneinander, jedes Stück hat ein eigenes Gesicht. Formal geschieht dies meist offen, neben assoziativen Reihungen gibt es Formen mit Reprisen, Liedhaftes neben Figuralem. Einige Titel wirken musikalisch unentschieden, z. B. wenn in „Desertus“ ein Ansatz zu einer Melodie erklingt, der dann kaum weitergeführt wird. Auch sind einige Stücke tonal nicht geschlossen, sie starten und enden in verschiedenen Tonarten. Die Autorin knüpft an die Konvention an, für eine Sammlung von leichten Vortragsstücken Genres zu bedienen wie Tango, Blues und Walzer, doch auch hier hält sie sich wenig an Normen bezüglich der Form und harmonischen Anlage.
Den Anspruch, unheimliche und geheimnisvolle Stimmungen her­vorzurufen, kann Arens nur zum Teil erfüllen. Zu oft sind dafür die Figuren zu traditionell und einfach gebaut, es fehlt ihnen das Originelle. Dass das Nocturne chopinscher und das Lied ohne Worte mendelssohnscher Prägung Pate stand, zeigt auch Arens’ eigene Einspielung mit ausgeprägtem Pedal-Gebrauch und häufigen Rubati (als MP3-Datei vom Verlag für den öffentlichen Zugriff bereitgestellt).
Arens’ Piano Misteriso ist eine heterogene Sammlung leichter Stücke für etwas fortgeschrittene KlavieranfängerInnen. Einige Stücke sind durchaus spannend, z. B. „Caligo“ mit einem synkopisch ungewöhnlichen Muster oder „Arabia incognita“ mit klanglich aparten Mixturen. Dem Zielpublikum könnten auch längere und herausforderndere Kom­positionen zugemutet werden.
Christian Kuntze-Krakau