Porter, Larry

Piano Rags

8 Ragtime-Stücke für Klavier

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2013
erschienen in: üben & musizieren 1/2014 , Seite 52

Um es gleich vorweg zu nehmen: Das Ziel von Larry Porter, sich unter Beibehaltung von Form- und Stilelementen des Ragtimes etwas Neues und Originelles auszudenken, ist eindrucksvoll gelungen und wird in jedem dieser Stücke auf eine andere Weise und gelegentlich auch etwas versteckt deutlich. Hierdurch erhält die Musik einen erfrischenden Ausdruck, denn traditionelle Elemente stehen im Wechsel mit modernen harmonisch-melodischen und oft auch polyfonen Bausteinen oder werden auf eine sehr geschickte und natürlich wirkende Art gleichzeitig eingesetzt.
Im Peace March etwa scheint manchmal mehr und manchmal weniger deutlich eine Boogie-Woogie-Begleitung durch; passend zum Titel klingt „Freude, schöner Götterfunken“ an, versehen mit einer polyfonen und betont rhythmischen, ragtime­artigen Begleitung mit anschließenden kunstvollen Variationen und virtuosen pianistischen Einschüben. Einfach köstlich kurzweilig, geistig anregend und pianistisch anspruchsvoll, ohne jedoch den Ragtime-Charakter je aus den Ohren zu verlieren.
Dies gilt ganz besonders für den Classical Rag, der von zahlreichen musikalischen Stilelementen geprägt ist wie beispielsweise der Verwendung von Modulations- und ausgiebigen (chromatischen) Sequenzketten oder auch charakteristischen Vorhalten. Darüber hinaus treten aus dem Bereich der Tanz- und Unterhaltungsmusik immer wieder kurze liedhafte Momente und auch rhythmische Tango-Andeutungen hervor, wie beispielsweise im Homesick Rag oder im Garlic Rag, die so jeden Gewöhnungseffekt verhindern.
Vor allem aber ist die sehr abwechslungsreiche und vielgestaltige Verwendung und Einbindung typischer Jazzharmonik mit den unterschiedlichsten Stilanspielungen erwähnenswert, die der Komponist auf eine wunderbare natürliche Art in die Kompositionen einfließen lässt.
Wie Larry Porter im Vorwort bereits andeutet, eignen sich diese Stücke ausgezeichnet für den fortgeschrittenen Klavierunterricht und selbstverständlich auch für den Künstler auf der Bühne, denn hier treffen unterschied­liche musikalische Stilelemente in variantenreichen harmonischen und melodischen Wendungen so aufeinander, dass die Grenzen zu Gunsten eines indi­viduellen musikalischen Ausdrucks verschwimmen.
Diese Ragtime-Stücke sind in vielerlei Hinsicht so angelegt, dass man mit ihnen grenzüberschreitende musikalische Wege und Möglichkeiten aufzeigen kann, ohne dass sie hierbei epigonenhaft wirken. Ganz im Gegenteil: Die charakteristischen Merkmale des Ragtimes bilden auf diese Weise den Hintergrund für die Entfaltung weiterer musikalischer Ideen, die so in einer ungewöhnlichen Umgebung umso deutlicher erkenn- und hörbar werden.
Romald Fischer