Raphael, EL
Piano secrets
Leidenschaft spielt, mit CD
Petra Elia Loren Raphael nennt als ihre beruflichen Tätigkeiten Pianistin, Sängerin, Komponistin, Schauspielerin, Dozentin, Persönlichkeitstrainerin, Autorin, Kamerafrau und Mitwirkende bei Fernsehgalas. Mit dem Kürzel EL spielt sie mit Geschlechterrollen. Bei Piano Secrets werden ihre Funktionen mit Idee, Konzept, Musik und Texte benannt, dazu kommen zwölf farbige Bilder von Fernando de la Jara. Diese bildeten den Ausgangspunkt für die zwölf Musikstücke, die Raphael laut eigener Aussage unmittelbar und auf „unerklärliche Weise“ beim Betrachten der Bilder gekommen sind.
Es handelt sich um ein Bilder-Musik-Texte-Buch. Raphael komponierte zu jedem der an den magischen Realismus anknüpfenden Bilder de la Jaras je ein meist balladenhaftes Klavier-stück und schrieb – fast immer – ein metaphorisches Gedicht. Bleiben diese auf der Ebene impressionistischer Stimmung, zuweilen nicht frei von Esoterik, so zeigen jene kaum das an, was der Untertitel „Leidenschaft spielt“ verspricht. Diese Leidenschaft müsste vom Klavierspielenden selbst erzeugt werden, da die Kompositionen dafür recht wenig liefern.
Die Tempi sind langsam bis moderat, Harmonik und Melodik gefällig, der Ausdruck ist meist verhalten (eine Ausnahme bildet Silk). Das Traumhafte beinhaltet auch das Unheimliche, Wilde – es fehlt hier fast gänzlich; Schumann böte hierfür Anknüpfungspunkte. Vorbilder sind neben Romantikern vor allem Debussy, Satie (Letzterer stand möglicherweise auch mit seinen Sports et Divertissements Pate für das Konzept) und Minimal Music. Auch die altbekannte Vorlage der 24. Caprice von Paganini erhält einige Variationen, recht eng an der Vorlage orientiert, dabei wird der übermäßige Sextakkord nicht immer richtig in die Dominante weitergeführt.
Die Verbindung zwischen Malerei und Musik ist assoziativ, nicht unmittelbar. Es liegt nicht nahe, dass ein Bild mit einer Cellistin eine 6/8-Ballade erhält, mit Klavierläufen in höchsten Lagen (Longing). In der Einspielung freilich ist ein Cello beteiligt. Nicht alle Stücke liegen auf der beigefügten CD vor, einige kommen auf YouTube hinzu, manche sind für mehr Instrumente arrangiert, zuweilen weichen die Aufnahmen vom Gedruckten ab. Das ist insofern unproblematisch, als viele Stücke aus wenigen kurzen, kombinierbaren Versatzstücken gefertigt sind. Oft nutzt Raphael einfache Harmoniemodelle, die repetiert werden.
Auf die Spitze getrieben wird dies in Chance encounter, wo ein simpler sequenzierter Zweitakter achtmal hintereinander erscheint. Deidad enthält gar einfachste Liedmelodien mit Vokalisen. Die Herkunft der Stücke aus dem Improvisieren und Präludieren bleibt unverkennbar. Es entsteht zuweilen die Wirkung von Hintergrundmusik, die auch in Film und Fernsehen Verwendung finden könnte. Die Ausführung ist teilweise anspruchsvoll, vor allem durch Figurenwerk in der linken Hand. Die Klanglichkeit wird ihre Wirkung zumindest zum Teil nicht verfehlen.
Christian Kuntze-Krakau