Lüdemann, Hans

Piano Workout

Das Trainingsprogramm für perfektes Klavierspiel, mit CD

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Steingräber, Offenbach am Main 2013
erschienen in: üben & musizieren 1/2014 , Seite 51

Mit Piano Workout hat der deutsche Jazzpianist und Komponist Hans Lüdemann ein umfangreiches Trainingsprogramm zu Aufbau und Verbesserung des Klavierspiels herausgegeben. Seine Grundkonzeption orientiert sich an Heinrich Neuhaus. Zielgruppe sind vor allem jugendliche KlavierspielerInnen, an welche sich die ausführlichen und instruktiven Texte wenden. Diese enthalten vielfältige methodisch-didaktische Anregungen zur Erarbeitung der einzelnen Übungen und Informationen zu den Kompositionen. Der Schwierigkeitsgrad erstreckt sich von der Unterstufe bis zur oberen Mittelstufe. Neben Einspiel- und Aufwärmübungen gibt es auch einfach ausführbare Übungen ohne Instrument für die Finger, Handgelenke und Arme.
Lüdemann legt Wert darauf, dass alles in sämtlichen zwölf Ton­arten gespielt wird. Die Tonleitern sowie die Terzen, Sexten und Oktaven, denen ausführliche Kapitel gewidmet sind, sind mit inst­ruktiven Fingersätzen zur Förderung des Legatospiels versehen. Einzige Fremdkomposi­tion ist das Stück Skopje des Niederländers Jasper van’t Hof, das mit seinem bewegten 7/8-Takt in drei verschiedenen Arrangements vorkommt: im Stimmentausch von rechter und linker Hand und kombiniert mit Tonleitern. Sehr lobenswert ist, dass auch die Ganztonleiter in  unterschiedlichen Varianten vorgestellt wird.
Im Übungsstück Ecken wird speziell der Daumenuntersatz trainiert. Die aus der Popularmusik bekannte II-V-I-Kadenz wird in der gut spielbaren weiten Lage durch alle Tonarten sequenziert; Tremolo-Bewegungen werden mit der Bluesharmonik kombiniert. Pentatonische Arpeggien in Waves und Tsunami (ein grenzwertiger Titel) nutzen das gesamte Klangspektrum des Flügels. In Percussus werden die Harmonien zu Sus-Akkorden erweitert und auf den Grundtönen der beiden Ganztonleitern zunächst homofon gespielt, wonach sich drei rhythmische Varianten anschließen.
Die anspruchsvollen Stretching Chords bereiten in ihrem letzten Abschnitt durch die Tritoni in beiden Händen auf den Mittelteil von Chopins Etüde op. 10,3 vor. In Jumping Up entsteht eine großartige, harmonisch farbige Klangwelt, die an Stephen Hellers Melodische Etüde op. 45,15 erinnert und auf das Akkordspiel mit Sprüngen vorbereitet.
Die beiliegende CD, von Hans Lüdemann selbst eingespielt, beglückt nicht in allen Elementen: Der Flügel ist im hohen Diskant verstimmt und klingt im Bass bei einigen Tracks recht dumpf. Auch gibt es Abweichungen vom Notentext: z. B. auf Seite 60 in Takt 18 bei den Tonleitern cis anstelle von c und im Folgetakt d statt dis. Auf Seite 67 steht in den Noten ein Fis-Dur-Akkord zum Abschluss, gespielt wird aber der harmonisch pas­sende übermäßige Dreiklang…
Dennoch: Piano Workout ist ein sehr gelungenes Übekompen­dium, das den Klavierunterricht über einige Jahre lang begleiten kann, und bietet reichhaltige Möglichkeiten, sich sein eigenes Trainingskonzept zu erstellen.
Christoph J. Keller