Müller, Martin

Play Along Brazilian Music

Leadstimmen für C-, B-, Es- und Bassinstrumente, mit Partituren und CD

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schell Music, Hamburg 2012
erschienen in: üben & musizieren 4/2013 , Seite 63

Die bekannte Play-Along-Reihe von Jamey Abersold bietet unzähligen (angehenden) JazzmusikerInnen Material zum Proben und Erproben solistisch-improvisatorischen Spiels, zumeist anhand von Standards oder Stücken einzelner Jazzkomponisten. Martin Müller passt sich mit Play Along Brazilian Music diesem Konzept an, verzichtet dabei aber auf jegliche Erklärungen oder Hinweise. Insofern hat diese Publikation fortgeschrittene SpielerInnen als Zielgruppe. Voraussetzungen sind Notenkenntnisse, das Verstehen und Umsetzen von Akkordsymbolen und Grundlagen in Skalentheorie.
Der Band enthält zwölf Neukompositionen in den Gattungen Bossa bzw. Samba, sieben davon von Müller selbst, zwei von dem Schlagzeuger O. W. Gattaz, drei weitere vom Verleger und Gitarristen Felix Schell. Diese Stücke liegen jeweils als Leadsheet für Stimmen in den gebräuchlichen Stimmungen vor, neben der real klingenden in C (hier wurde auch als weitere Fassung eine im Bassschlüssel berücksichtigt, beispielsweise für Posaune) auch in B (z. B. für Klarinette) und in Es (z. B. für Alt-Saxofon), zudem sind von allen Stücken Arrangement-Partituren auf vier Notensystemen für die Leadstimme, Gitarre, Bass und Schlagzeug beigegeben. Diese entsprechen den Vollversionen der Einspielungen auf der CD, die auch in den Improvisationen sehr professionell und stiltypisch realisiert sind und durch Spielfreude zu eigenem Spiel motivieren.
Einige der Kompositionen assoziieren Vorlagen wie Mas qua nada (bei Desculpa) oder Desafinado (bei Like a Bernstein in the sun). Eine solche Nähe lässt sich kaum vermeiden bei dem übermächtigen Bekanntheitsgrad einiger Bossa-Titel, insbesondere aus der Feder Antonio Carlos ­Jobims – wie One Note Samba oder The Girl from Ipanema.
Der Bossa Nova als Verschmelzung von Cool Jazz mit brasilianischer Rhythmik ist eine Musik des ­easy listenings, dabei aufgrund seiner rhythmischen Differenziertheit und erweiterten Harmonik schwer zu spielen. Hier die nötige Lockerheit zu vermitteln, ist sicher eine Neben­absicht dieser Veröffentlichung. Die Melodien im Bossa enthalten oft alterierte Töne, die Harmonik häufig abgebrochene Kadenzen und ungewöhnliche Fundamentwechsel; beides ist hier auch anzutreffen, in unterschiedlicher Qualität. Ein echter Ohrwurm ist kaum dabei, mein Favorit heißt Bom Dia João von Martin Müller.
Der Autor ist seit Jahrzehnten als Gitarrist tätig mit dem Schwerpunkt Lateinamerika, er hat neben Bühnenmusiken viele Fachbücher verfasst und Tonaufnahmen eingespielt. Hier gelingt ihm die Vor­lage meist attrak­tiver, sehr genretypischer Stücke in brasilianischem Stil.
Christian Kuntze-Krakau