Goertz, Holle / Andreas Cavelius (Hg.)
Praxis Chorleitung
C-Ausbildung. Eine Sammlung von 60 Chorwerken
Der Titel dieser Veröffentlichung mag auf den ersten Blick keine chordidaktische Allgemeingültigkeit haben und deshalb vielleicht gar nicht erst einer näheren Betrachtung unterzogen werden. In der Tat ist natürlich aufgrund der Anbindung an die C-Ausbildung für Kirchenmusiker das inhaltliche Terrain begrenzt und auf geistliche Chorliteratur sowie liturgische Zusammenhänge beschränkt. Ein genauerer Blick eröffnet jedoch eine sehr praktikable Hilfestellung auch für den Bereich des allgemeinen chorischen Musizierens im Laienbereich.
Grundidee ist, konkrete Chorliteratur detailliert in Bezug auf Quellenstudium („Komponist und Werk“), Textinhalt (Interpretation, gegebenenfalls Übersetzung lateinischer Texte), Phrasierung, Artikulation, Tempo und Dynamik, Intonation und Klanggestaltung und -differenzierung zu analysieren und in den Partituren durch übersichtliche Markierung zu veranschaulichen. Also gleichsam jeweils eine vorbereitete Partitur exemplarisch aufzubereiten und auf diese Weise die erforderliche Dirigiertechnik vorzubereiten und zu festigen.
Im Schwierigkeitsgrad sind die geistlichen Liedsätze und Motetten leicht bis mittelschwer und werden so den Erfordernissen einer breiten Chorlandschaft gerecht und können gerade „Neulingen“ in der praktischen Chorarbeit eine wertvolle Hilfe sein. Natürlich – so verstehe ich diesen Ansatz – geht es auch darum, sich von dieser Basis aus immer stärker selbstständig zu entwickeln und den Transfer auf weitere Chorliteratur zu leisten bzw. auch die individuellen Änderungen der hier vorgeschlagenen Interpretationen zu versuchen.
Hier ist auch der allgemeingültige Effekt dieser Ausgabe in Bezug auf eine stärkere Konzentration auf weltliche Chormusik zu sehen, die ja in beinah allen Aspekten die gleichen Herausforderungen an ChorleiterInnen stellt. Ein weiteres Plus dieser Veröffentlichung ist auch die Tatsache, dass bewusst auf Kompositionen zurückgegriffen wurde, die nicht bereits in anderen Ausgaben zu finden sind. Stilistisch geht es dabei von der Renaissance bis ins 20. Jahrhundert. So ist dieser umfangreiche Band von über 200 Seiten auch eine interessante Entdeckungsreise in unbekannte Gefilde.
Thomas Holland-Moritz