Busching, Christoph

Prima Vista

Mit Anfängern sofort vierhändig spielen, Band 1 und 2

Rubrik: Noten
Verlag/Label: AMA, Brühl 2020
erschienen in: üben & musizieren 5/2022 , Seite 63

Für den Klavierunterricht ist immer wieder die Forderung zu hören, unbedingt das Vierhändigspiel von Beginn an zu fördern, sei es im Einzelunterricht mit der Lehrkraft oder auch im Partnerunterricht. Die vorliegende didaktische Konzeption ist für die erste Konstellation bestimmt, sodass auch AnfängerInnen von der ersten Stunde an ein Klangerlebnis erfahren können.
Band 1 beginnt mit dem mittleren c in Viertelnoten, verteilt auf beide Hände, um anschließend den Tonraum stetig bis hin zu Quintschritten unter Beibehaltung des Fünftonraums in jeder Hand zu erweitern. Hinzu kommt die Einbindung von Halbe-Noten und die Einführung des 3/4-Takts. Insgesamt werden im ersten Band 47 Stücke mit einfallsreichen, Kinder ansprechenden charakterisierenden Titeln versehen (Die sprechenden Blumen) oder mit Tempobezeichnungen (Grave, Andante) überschrieben. Daneben gibt es Volksliedmelodien, die aufgeteilt auf beide Hände auch rhythmisch leicht zu realisieren sind (Sur le pont d’Avignon).
Vorzeichen, freie Pausen und punktierte Noten werden erst in Band 2 eingeführt, Doppelgriffe und kürzere Notenwerte kommen gar nicht vor. So hat der Schüler oder die Schülerin keine anspruchsvolleren motorischen Aufgaben zu bewältigen, denn in beiden Bänden finden sich auch keine Phrasierungs- und Artikulationszeichen, sodass das großzügige Notenbild AnfängerInnen eine gute Übersicht bietet und das Erfassen der Noten zunächst im Vordergrund stehen kann.
Wie Busching bereits im Vorwort bemerkt, steht das spontane gemeinsame Prima-Vista-Spiel im Vordergrund, z. B. zum Warmspielen zu Beginn der Klavierstunde oder auch, um den Tas­t(en)sinn zu schulen und AnfängerInnen bereits eine klangliche Vielfalt zu bieten, die sie sonst meist erst später kennenlernen. Der Part für die Lehrperson ist pianistisch wesentlich anspruchsvoller, bietet oft einen polyfonen Satz, meist im klassisch-romantischen Stil.
Unumstritten steht wohl im Ins­trumentalunterricht das Streben nach Perfektion mehr oder minder im Mittelpunkt, also die (fehlerlose) Realisierung des Notentextes und oft darüber hinaus die daraus hervorgehende musikalische Gestaltung. Hierunter leidet nicht selten die Schüler-Lehrer-Beziehung, vor allem, wenn die Übezeit oder auch die motorische Begabung nicht ausreichen. Spielfreude kommt dann selten oder erst nach Jahren auf.
Diese Beobachtung aus der Unterrichtspraxis hat den Autor dazu bewogen, SchülerInnen die Möglichkeit zu bieten, an der Realisierung eines komplexen musikalischen Klangbilds beteiligt zu sein. Nicht selten ergeben sich hieraus auch Schlüssel­erlebnisse, die einen enormen pädagogischen Effekt haben können, worin alleine schon der Sinn und Zweck dieser beiden gelungenen Bände liegt. Bleibt nur zu hoffen, dass das Vierhändigspiel im Unterricht bald wieder uneingeschränkt möglich sein wird.
Romald Fischer