Vieuxtemps, Henri
Repertoire
Die schönsten Stücke für Violine und Klavier, hg. von Wolfgang Birtel und Friedemann Eichhorn
Fast genau zum 200. Geburtstag von Henri Vieuxtemps erschien mit den „schönsten Stücken für Violine und Klavier“ ein weiterer Band der Reihe „Repertoire“ bei Schott, herausgegeben von Wolfgang Birtel und Friedemann Eichhorn – einem eingespielten Team, das ohne Zweifel für akribische Genauigkeit steht.
Im mehrsprachig gehaltenen Vorwort der Klavierstimme zeichnet Birtel zunächst das Leben und Wirken des begnadeten Geigers und erfolgreichen Komponisten Vieuxtemps nach. Dabei erfährt man auch Hintergrundinformationen zu den neun in diesem Band abgedruckten Werken. Das Herausgeberteam beweist bei der Auswahl und Zusammenstellung der Stücke Gespür, wenngleich über den Superlativ im Untertitel diskutiert werden kann.
Enthalten sind mit Souvenir d’Amérique op. 17 humorvoll-spritzige Variationen über den Yankee Doodle, die drei klangfarbenreichen Romances sans paroles op. 7, die leidenschaftlich-feurige Fantasia appasionata op. 35, die drei Morceaux de salon op. 32 mit dem überaus bekannten Rondino-Satz und dem Finalsatz „La Chasse“, bei dem der Geiger die G-Saite auf den Ton B umstimmen muss, sowie die hochvirtuose Ballade et Polonaise op. 38.
Basierend auf dem Vergleich mit den Erst- und Frühdrucken der Werke verweist Birtel bei Abweichungen in der Klavier- und Violinstimme stets auf die Frühdrucke. Unter geigentechnischen Aspekten betrachtet ist die Arbeit von Friedemann Eichhorn als Mitherausgeber ein besonderer Glücksfall, gerade weil alle neun Werke an die Violine höchste Ansprüche stellen. Die durchdachten Fingersätze und Strichbezeichnungen von Eichhorn unterstützen die Ausführenden in der musikalischen Melodieführung genauso wie bei den zahlreichen virtuos-technischen Herausforderungen. Oktavgriffpassagen, Doppelgriffe in Sechzehntelläufen gepaart mit Pizzikato in der linken Hand sind nur einige Beispiele für die Momente, in denen man dem Herausgeber für ausgeklügelte und hilfreiche Fingersatz- und Strichvorschläge dankbar ist.
Eine überzeugende Interpretation und Aufführung verlangt den MusikerInnen gerade durch den hohen Schwierigkeitsgrad in der Violin- und Klavierstimme Können und Versiertheit auf den Instrumenten ab.
Insgesamt stellt dieser Band eine reizvolle, virtuose Herausforderung für professionelle MusikerInnen dar. Birtel und Eichhorn bereichern mit ihrer präzisen Edition die Violinliteratur um eine Ausgabe, für die eine klare Kaufempfehlung ausgesprochen werden kann.
Gabriele Hirte