Tönnes, Rolf

Rockgitarre spielen ohne Noten

Die neue E-Gitarrenschule für Einsteiger und Wieder­einsteiger, mit CD

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2012
erschienen in: üben & musizieren 4/2012 , Seite 59

Dass man als RockgitarristIn nicht erst Jahre mit Notenlesen und Wechselschlagübungen verbringen muss, bevor man das erste verzerrte Riff zum Besten gibt, dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben. Rolf Tönnes, Jazzgitarrist und Buchautor, beschritt selbst Anfang der Siebziger den autodidaktischen Weg und lernte anhand von Rocksongs wie The House Of The ­Rising Sun das Gitarrenspiel.
In Rockgitarre spielen ohne Noten bereitet er das autodidaktische Konzept gekonnt pädagogisch auf. Beginnend mit simplen Single Note-Riffs und kleinen Melodien, führt er den Gitarrenanfänger durch Anschlagtechniken, offene Akkorde, Powerchords und die grundlegenden E-Gitarrentechniken, die alle in Tabulaturschrift notiert sind. Auf- und Abschlag mit dem Plektrum, Slides, Hammer Ons und das Abdämpfen der Saiten werden zuerst an kurzen Beispielen, dann an kompletten Songs geübt.
Der musikalische Fokus liegt klar bei den Siebzigern: Der Blues und die Gitarrenhelden der damaligen Zeit liefern das Material für die auf der beiliegenden CD nachzuhörenden Beispiele. Auch soundmäßig orientiert sich Tönnes an der guten alten Zeit der Rockmusik, Heavy Metal oder Punk-Klänge sucht man vergebens. Einzige Reminiszenz an aktuellere Rockmusik sind Nirvana und The White Stripes.
Trotz des etwas altbackenen Songmaterials ist das Buch gelungen. Alle Techniken und Akkorde sind kurz, aber ausreichend erklärt. Harmonielehre spielt eine untergeordnete Rolle, im Vordergrund steht die Praxis. Zu fast jedem Notenbeispiel gibt es ein gut klingendes Play-Along, das einen ersten Eindruck des zu lernenden Beispiels vermittelt und zum Mitspielen einlädt. Bei kompletten Songs singt Tönnes die Melodie oder spielt sie auf der Gitarre, sodass Stücke wie Smoke On The Water oder Hey Joe wirklich nach Song und nicht nach instrumentaler Gitarrenspur klingen. Manches Riff wurde aus Copyright-Gründen leicht verändert – ein Konzept, das man von vielen Lehrbüchern kennt und das ein oder andere Beispiel etwas seltsam klingen lässt.
Hat man das Buch durchgearbeitet, besitzt man auf jeden Fall eine gute Basis für das E-Gitarrenspiel und beherrscht die Rhythmusgitarre in den unterschiedlichsten Varianten. Solospiel und Tonleitern reißt der Autor nur in Form von einfachen Melodien an, Techniken wie Saitenziehen oder Improvisationskonzepte kommen nicht vor. Trotzdem ist Rockgitarre spielen ohne Noten ein nützliches, gut aufgebautes Werk für den E-Gitarrenunterricht, das lediglich etwas moderneres Songmaterial vertragen könnte, denn für viele GitarrenschülerInnen sind Led Zeppelin und Konsorten mittlerweile Bands, die die Großeltern hören. Auf der anderen Seite erhält man so eine gute Zusammenfassung klassischer Rockriffs, die definitiv zur musikalischen Bildung gehören, und kann sich dann davon ausgehend mit den aktuellen Lieblingsbands beschäftigen.
Martin Schmidt