Kreidler, Dieter
Savoir vivre
6 Duos für 2 Gitarren
Wer kennt das nicht? Als Gitarrenduo wird man eingeladen, unterhaltende Musik zu spielen: bei einer Hochzeit, einem runden Geburtstag, in einer Gaststätte oder Bar. Oder man setzt sich bei sonnigem Wetter in die Fußgängerzone oder den Park und hofft auf Zuhörer. Aber was spielen? Zu umfangreich sollten die einzelnen Nummern nicht sein. Wenn möglich auch keine Klassik, da zu anspruchsvoll und technisch zu kompliziert, als dass man sie fast vom Blatt spielen könnte; auch keine Popmusik, da oft zu simpel und zu gleichförmig gestrickt. Gibt es nichts dazwischen? Doch: Dieter Kreidlers sechs Duos Savoir vivre.
Kreidler, viele Jahre Professor für Gitarre an der Hochschule für Musik und Tanz Köln, kennt sein Instrument. Bis auf die ersten beiden technisch einfachen Nummern ist das Heft nicht pädagogisch angelegt, sondern verlangt eine sichere untere Mittelstufe mit ausgedehntem Lagenspiel und rhythmischer Sicherheit, geht aber spieltechnisch nicht darüber hinaus. Fingersätze, die für die Zielgruppe ausreichend, aber nicht überfrachtet sind, erscheinen fast nur für die linke Hand. Jedoch sind die Stücke so angelegt, dass sich für die rechte Hand ohnehin keine Probleme ergeben. In steigendem Schwierigkeitsgrad verteilen sich Melodie und Begleitung auf beide Stimmen, zwischendurch wird gewechselt.
Die musikalische Sprache ist jazzig angehaucht, ein bisschen Crossover mit stellenweise überraschenden Alterationen, rhythmisch manchmal vertrackt, aber nie gegen den Puls. Auch harmonisch vermeidet Kreidler die üblichen Wohlklänge. Da reiben sich schon mal Sekunden, und in Walking with you ändern sich stellenweise die Harmonien auf jeder Zählzeit, durchsetzt mit zusätzlichen Kreuz- und B-Vorzeichen. Die Musik ist unterhaltend, aber nicht anspruchslos.
Classical Mood, Silvester Blues, Irish Lullaby, Walking with you, Savoir vivre und Tarantella (mit Tremolo-Passage) zeigen einen musikalischen Streifzug durch Europa, jedes Stück hat seine eigene Charakteristik. Das abwechslungsreiche Heft lässt sich komplett durchspielen, ohne dass eine Nummer spröde wirkt und aus dem Gesamtklang herausfällt. Alles ist am Instrument entstanden, fließt entspannt dahin, verlangt aber ein flottes Tempo, damit die Stücke gut klingen. Ideal für ein Gitarrenduo, das eine „Mucke“ angenommen hat und passende Literatur sucht, die man dreimal durch- und anschließend vorspielen kann.
Jörg Jewanski