Ernst, Jan

Schweriner Orgelbuch

3 mal 7 Stücke für den Orgelunterricht

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Edition Massonneau, Schwerin 2021
erschienen in: üben & musizieren 2/2022 , Seite 62

Jeder Organist, jeder Orgellehrer wird mit dem Problem vertraut sein: Gerade für Orgelanfänger, die bereits Klavier spielen, gibt es erstaunlich wenig Literatur, die einerseits gut klingt und die manuellen Fähigkeiten zumindest ansatzweise beansprucht, andererseits aber im Pedal keine zu hohen Anforderungen stellt. Dieser Band des Schweriner Domkantors und -organisten Jan Ernst bietet 21 kurze Stücke, die genau diese Aspekte berücksichtigen.
Speziell die ersten sieben richten sich dezidiert an AnfängerInnen mit eventuell auch noch kleineren Händen, bewegen sich in den Manualen im Fünfton-Raum und beschränken sich im Pedal auf wenige Töne.
Im zweiten Drittel sind die Hände dann schon anspruchsvoller beschäftigt und auch im Pedal tauchen gelegentlich längere, schnellere Läufe und Figuren auf – doch nur, wenn die Hände gerade pausieren, sodass die Füße zwar geübt werden, die Lernenden sich aber an diesen Stellen auch tatsächlich auf das Pedal konzentrieren können. Ansonsten arbeitet der Autor hier viel mit Orgelpunkten oder sich wiederholenden Tönen.
Erst im letzten Drittel des Bandes werden dann Manual und Pedal gleichzeitig ein wenig schwieriger, aber doch immer noch gut spielbar – vor allem, wenn man die ersten 14 Stücke des Orgelbuchs bereits durchlaufen hat.
Titel wie „Prädludium e-Moll“, „Pharaos Marsch“, „Träumen am Nachmittag“, „Kleine Melodie“, „Allegro“, „Partita“, „Carillon“, „Aria“ oder „Dämmerung“ lassen auch recht gut erahnen, wie unterschiedlich die Stile sind, an die Jan Ernst hier heranführt: vom Barock bis in die französische Moderne, selbst ein teilweise grafisch notiertes Stück fehlt nicht. Der Autor betont dabei im Vorwort, dass es sich nicht um Kompositionen im eigentlichen Sinne handele, sondern um stilistisch vielfältige Musik, die man auch leicht auswendig lernen könne. Doch damit stellt er das Licht der Stückchen unter den Scheffel: Viele sind ausgesprochen gut zu hören, gemahnen (bewusst) auch mal an große Werke der Orgel­literatur wie etwa Viernes 1. Sinfonie, das eine oder andere Bach-Präludium oder eine Mendelssohn’sche Orgelsonate.
Neben jedem Stück stehen ein paar wohlüberlegte und sichtlich aus langer Lehrerfahrung resultierende Tipps zum Lernen und Üben, Vorschläge für eine mögliche Registrierung, Hinweise, an welcher Stelle es im Gottesdienst eingebaut werden könnte, und ab und an auch noch eine Anregung, über einen bestimmten Aspekt in der Musik nachzudenken. So kann man den Band durchaus auch für SelbstlernerInnen empfehlen.
Dass dieses Orgelbuch außerdem noch mit Zeichnungen der prächtigen Schweriner Ladegast-Orgel geziert ist, angefertigt von der Grafikerin Paula Velten, kommt als Sahnehäubchen hinzu. Kurz: Ein schöner kleiner Band, mit dem sich gut lernen, der sich aber gleichzeitig auch gut in der gottesdienstlichen Praxis verwenden lässt.
Andrea Braun