Töpel, Michael

Siebensachen

Divertimento für Flöte (Violine) und Klavier

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Edition Merseburger, Kassel 2019
erschienen in: üben & musizieren 4/2020 , Seite 63

Ein Kompositionsauftrag zu Carlo Goldonis Der Diener zweier Herren machte anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Lübecker Sommeroperette aus dieser wortreichen Komödie eine musikalische. Gesungen, getanzt und mit gesprochenen Dialogen wurde das Werk des in Lübeck lebenden Michael Töpel im Juli 2019 mit großem Erfolg aufgeführt. Sieben Sätze aus dieser Musik, das Divertimento Siebensachen, ermöglichen nun auch eine kammermusikalische Auseinandersetzung mit der Komposition. Die Reduktion der aus neun Instrumenten bestehenden Orchesterpartitur auf zwei SpielerInnen war sicher keine leichte Aufgabe, ist aber hervorragend gelungen.
Die Ausgabe enthält nur die Flötenstimme, keine separate Violinstimme, die Einrichtung dürfte jedoch problemlos möglich sein. Die einzelnen Sätze transportieren die literarische Vorlage musikalisch ins 20. Jahrhundert, und durch die Wahl der Satztitel auch in die europäische Gegenwart. Welchen Szenen der Komödie sie inhaltlich zugeordnet sind, erfährt man nicht, absichtlich vielleicht, um der Fantasie der Ausführenden mehr Raum zu lassen.
Nach einem sich abwechselnd schreitend, verspielt oder empfindsam gebenden Entrée findet man in der Consolation weniger tröstende Melodien (wie etwa bei Liszt) als vielmehr ruhige, ernste Zuwendung. Im Walzer sind die charakteristischen Merkmale des Tanzes präsent, werden aber sprunghaft und fast schon bizarr kombiniert, die anschließende Humoreske verdient ihren Namen, nicht nur optisch durch gelegentliche bitonale Vorzeichnung. Die Barkarole im typischen 6/8-Takt wirkt danach wie ein sich melismatisch träumend verirrendes Flötensolo, während man sich den nächsten Satz Tempo di Polka prob­lemlos getanzt vorstellen kann, ebenso wie das furiose Allegro danzante in der Art einer Tarantella zum Schluss. Das Zusammenspiel braucht – wie der zwischen seinen beiden Herren Beatrice und Florindo agierende Diener Truffaldino – Geistesgegenwart und blitzschnelles Reagieren.
Während es dem Komponisten in seiner musikalisch und spieltechnisch sehr anspruchsvollen Sonate für Flöte und Klavier (2010) um Klangereignisse ging, stehen im Divertimento bewusst Witz, Ironie, Heiterkeit wie auch Ernst und tiefer gehende Gefühle im Vordergrund. Die Musik hat es nie nötig, besonders neu oder besonders kompliziert sein zu wollen. Sie bezieht ihre Wirkung aus unmittelbar verständ­lichen inhaltlichen Qualitäten, was spieltechnische Herausforderungen nicht ausschließt. Mit schnell wechselnden musikalischen Ideen, motivischen Verknüpfungen und Verstrickungen und mit lebendiger Rhythmik spiegelt sie perfekt das rasante Hin und Her in den verwickelten Beziehungen und Situationen des Theaterstücks. Michael Töpels Divertimento ist zu wünschen, dass es seinen Weg ins Duo-Repertoire findet.
Ursula Pesek