Penderecki, Krzysztof

Sinfonietta

für Akkordeon, Transkription des Streichtrios von Maciej Frąckiewicz

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2016
erschienen in: üben & musizieren 3/2017 , Seite 55

Es gehört eine Portion Mut dazu, ein Penderecki-Werk für Streicher für Akkordeon zu transkribieren. Die Übertragung des mit Preisen ausgezeichneten polnischen Akkordeonisten Maciej Fr˛ackiewicz ergibt nicht nur ein Werk höchsten Schwierigkeitsgrades; sie wirft auch einige Fragen auf, die mit der Problematik von Transkriptionen bzw. Bearbeitungen für Akkordeon zu tun haben.
Vorweg ist zu konstatieren, dass diese Transkription zweierlei voraussetzt: 1. ein Knopfgriff-Akkordeon und 2. breite Hände. Nur so können die quasi post­seriellen Reihen-Akkordschläge, die den ersten Satz, zum Teil mit Bellow-Shake-Technik, gliedern, bewältigt werden. Schade, dass auf dem Umschlagblatt ein Piano-Akkordeon abgebildet ist, das zwar in Polen durchaus Tradition hat, jedoch keinesfalls die großen Tonabstände bewältigen kann. Fr˛ackiewicz selbst ist ein versierter Knopfgriff-Akkordeonist. Das abgebildete Akkordeon besitzt sicherlich auch kein linkes Einzeltonmanual (Manual 3), das zur Verwirklichung dieses Werks – gemäß der Registerangabe dreichörig – zwingend erforderlich ist. Der vielfältige Einsatz der Akkordeonregister bedarf einer stattlichen Anzahl von Kinn-Registerschaltern, die unabhängig von Hand bzw. Finger auch in sehr kurzen zeitlichen Ab­ständen betätigt werden können.
Die einzelnen Streicherstimmen des Originals sind je für sich dynamikfähig. Das Akkordeon hingegen bezieht seinen Luftstrom aus einem einzigen Balgraum, was heißt, dass jede gleitdynamische Änderung sämtliche jeweils in Schwingung befindliche Akkordeonstimmzungen betrifft. Stufendynamisch und farblich jedoch lässt sich der Klang jeder Akkordeonseite für sich durch die Hinzu- oder Wegschaltung eines oder mehrerer Teiltöne aus der durch ein Luftventil (mittels Taste) klingenden Tonganzheit verändern. Die Beschränkung des Akkordeons gegenüber dem Streicherklang wird jedoch dadurch aufgewogen, dass der ungedämpfte Zungenklang zum un­gedämpften gestrichenen Klang einer Saite durchaus eine nahe verwandtschaftliche Beziehung hat. Deshalb wird die mutige Idee der Übertragung auf das Soloinstrument Akkordeon durch diese reizvolle Klangalternative belohnt.
Der erste Satz ist rhapsodischen Charakters. Auf weite Strecken korrespondieren und kontrastieren Ober- und Unterstimme auf vielfältige Weise mit- und zueinander; an bestimmten Stellen greifen eine oder mehrere Stimmen dazu in den eher polyfonen Ablauf ein. Durchgehend vivace und im Dreivierteltakt bewegt sich, mit einem größer angelegten Fugato beginnend, der virtuose zweite Satz. Tempo und Taktart lassen die Gedanken zu dem vielgestaltigen Spanischen Tanz „Jota“ schweifen.
Hohe Koordinationsansprüche zwischen rechts und links und weite Griffe im Manual 1 und 3 machen diese Transkription fast nur erstrebenswert für ausgezeichnete AkkordeonistInnen. An­sonsten: Wachsen kann man immer an einer solchen „Granate“.
Maximilian Schnurrer