König, Bernhard / Tuba Isik / Cordula Heupts (Hg.)

Singen als interreligiöse Begegnung

Musik für Juden, Christen und Muslime

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Ferdinand Schöningh, Paderborn 2016
erschienen in: üben & musizieren 3/2017 , Seite 51

Ist eine Koranrezitation konzertsaaltauglich? Wovon können Juden, Christen und Muslime singen, wenn sie miteinander singen wollen? Was trennt, was verbindet uns? Das vorliegende Buch stellt intelligente Fragen und führt interessante Gedankenexperimente durch. Basierend auf dem interreligiösen Musikvermittlungsprojekt „Trimum“ unter dem Dach der Internationalen Bachakademie Stuttgart liefert es mögliche Antworten und Erfahrungswerte.
Ein interreligiöses Chorlabor, bestehend aus Juden, Christen und Muslimen, ist Herzstück und zugleich Werkstatt dieses Projekts gewesen. „Wie klingt, was du glaubst?“, „Miteinander singen?“, „Neue Musik des Trialogs“ waren die Leitfragen; das Werkzeug die drei Weltreligionen, kompetente DozentInnen, musikaffine, offene Menschen und individuelle Glaubens-, Meinungs- und Erfahrungsträger. Ein haptisches Ergebnis ist dieses Buch, gefüllt mit vielfältigen Interviews, Essays, Aufsätzen und Projektberichten.
Es gliedert sich in vier selbstständige, logisch aufeinander aufbauende Kapitel: „Begründungen“ mit Zielen, Motivationen, Chancen und Grenzen interreligiösen Singens, „Inhalte“ mit Inhalten dieser Begegnungen und dem Gedankenspiel eines interreligiösen Librettos, „Ver­ortungen“ mit unterschiedlichen Ausgangspositionen, zwischen denen es zu vermitteln gilt, und selbstredend die „Ausblicke“. Die Texte der vielfältigen AutorInnen rund um Cordula Heupts, Tuba Isik und Bernhard König eignen sich aufgrund ihrer Heterogenität auch zum separaten Lesen. Heterogen, eine Eigenschaft, die auch in „Trimum“ prägend war und musikalisch vor allem dem chorischen homogenen Klangideal entgegensteht. „Miteinander singen? Wozu? Wovon? Von wo? Wie?“ Jedes Kapitel widmet sich erneut der Ausgangsfrage, die Blickwinkel ändern sich ständig und man wird mitgenommen auf musikalische Stationen durch das Judentum, das Christentum und den Islam.
Der vorliegende Band ist im wahrsten Sinne rundum stimmig. „Interreligiosität ist nicht nur der Inhalt der Musik, sondern die Musik wird gleichzeitig zu Medium, Ort und Ausgangspunkt der interreligiösen Begegnung.“ Die AutorInnen finden klare Worte für wichtige Aspekte und beziehen Stellung, ohne missionarisch zu wirken. Sie wecken Neugier und betrachten künstlerische Prozesse als Qualität: „die Bereicherung des eigenen Denkens oder Glaubens durch den theologischen und musikalischen Dialog“. Darüber hinaus legen Heupts, Isik und König einen wissenschaftlichen Grundstein für weitere Forschungen und bieten optisch und inhaltlich einen übersichtlichen Einblick für interessierte KirchgängerInnen, MusikerInnen, Gläubige und Nichtgläubige. Ein gewisses Grundwissen der drei Religionen erleichtert die sehr zu empfehlende Lektüre enorm.
Eva-Maria Kösters