Sommerfeld, Jörg

Solmisation als Zeichensatz

Eigene Zeichensätze für Notensatz und Textverarbeitung selbst herstellen

Rubrik: musikschule )) DIREKT
erschienen in: üben & musizieren 3/2019 , musikschule )) DIREKT, Seite 10

Viele Lehrkräfte erstellen eigene Unterrichtsmaterialien. So lassen sich persön­liche Unterrichtskonzepte umsetzen, vor allem aber kann man mit eigenem Material auf Wünsche und Notwendigkeiten der jeweiligen Schülergruppe viel besser eingehen als mit gekauften Lehrwerken.

Instrumentallehrkräfte nutzen zum Notenerstellen meist eine Notensatzsoftware, im Bereich der Elementaren Musikpraxis kommen auch Grafikprogramme oder eine Textverarbeitung zum Einsatz. Dabei ist die Darstellungsqualität solcher am Computer selbst erstellten Materialien oft schon sehr hoch, in der Regel viel besser als zum Beispiel ein handschriftlich erstelltes Arbeitsblatt. Dennoch stößt man schnell an die Grenzen solcher Programme, wenn es um die Darstellung spezieller musikpädagogischer Themen geht. Griffbilder für Holzblasinstrumente, Dirigierzeichen, Aus­druckssymbole,1 Bogentechnik bei Streich­instrumenten, Symbole für Orff-Instrumente und Ähnliches lassen sich allerdings mithilfe von speziellen Schriftsätzen (englisch Font, genauer TrueType-Font2) per Tastendruck in jedes beliebige Computerprogramm integrieren.
Leider gibt es nicht viele entsprechende Zeichensätze auf dem Markt. Dabei ist der Aufwand der Herstellung solcher Spezialfonts überschaubar, der Nutzen für die Un­terrichtsvorbereitung jedoch enorm. Dies möchte ich hier an einem selbst erstellten Font für Solmisationsgesten der Tonika-Do-Methode3 dargestellen. Der TrueType-Font „Solmisation“ steht auf www.addizio.de/solmisa­tion kostenlos zur Verfügung. Dort findet sich auch eine genaue Beschreibung der Tastenbelegung. Auf den meisten Betriebssystemen wird der Zeichensatz einfach mit einem Doppelklick installiert und steht danach (eventuell nach einem Neustart des Computers) als Schrift in allen Programmen zur Verfügung. Die grundsätzliche Belegung ist „Do-Ti“ auf der Tastenreihe „y-m“, Varianten der Handzeichen teilweise mit Hochstelltaste (shift). Alterationen belegen die Tasten darüber, Tiefalte­rationen (also B-Vorzeichen) dabei mit Hochstelltaste, Hochalterationen (#-Vorzeichen) ohne. Der Zeichensatz darf (bitte mit Quellenangabe) auch in Publikationen kostenlos verwendet werden.

Solmisationszeichen

Bei der Entwicklung von Noten für Streich­instrumente fiel auf, dass Instrumentallehrkräfte dieser Fächer gerne auch Solmisationsgesten in Noten für AnfängerInnen sehen wollen. Daher wurden zunächst aus verschiedenen Quellen entsprechende Handgesten zusammengetragen, dann ihre Darstellung mit einem Grafikprogramm vereinheitlicht und zuletzt mithilfe einer speziellen Internetseite zu einem Font zusammengefasst.
Nach Installation des Schriftsatzes „Solmisation“ kann nun jede der Handgesten per Tastendruck in jedem beliebigen Computerprogramm dargestellt werden. Bei der Recherche ist auch eine interessante Übersichtstabelle gängiger Handgesten und Sol­misation­silben entstanden (Abb. 1).

Quellen der Hand­zeichen und Silben

1 Ullrich Kallmeyer: Così si fa sol mi. Musiklehre und Gehörbildung mit Solmisation, Wiesbaden 2018.
2 Beispiel einer häufig verwendeten Darstellung auf US-Homepages: http://nmchoir.weebly.com/curwen-hand-signs.html
3 Axel Christian Schullz: www.acs-music.de/shop/lehrposter/poster-relative-solmisation
4 Martin Losert: „Einladung zum inneren Hören“, in: neue musik­zeitung 2/2015.
5 Anikó Baberkoff: www.doremius.de/Handzeichen/handzeichen.html
6 Josef Wenz: Musikerziehung durch Handzeichen. Neuformung eines ­alten Weges, Wolfenbüttel 1950.
7 Malte Heygster: Relative Solmisat­ion, Mainz 2012.

Einsatzmöglichkeiten

Ist der Zeichensatz einmal installiert, kann eine Abfolge von Handgesten nach dem Auswählen der Schrift „Solmisation“ einfach per Tastatur erzeugt werden. Eine Dur-Tonleiter entsteht dann durch das Tippen der Zeichenfolge „y x c v b n m y“ (Abb. 2), egal ob in Word, einem Malprogramm oder einer Notensatzsoftware.

Bei Letzterer sollte der Schriftsatz „Solmisa­tion“ in der Regel als Liedtext verwendet werden. So bleibt das Zeichen mit der jeweiligen Note verbunden, auch wenn sich der Umbruch ändert. Das macht sogar dann Sinn, wenn die Noten selbst gar nicht mit angezeigt werden (Abb. 3). Vorsicht bei Programmen mit Autokorrektur: In Word beispielsweise gibt es die Standardeinstellung, dass Sätze mit einem Großbuchstaben beginnen. Die Software interpretiert dann auch grafische Zeichensätze als Text und ändert sie eigenständig. Die Autokorrektur sollte also deaktiviert werden.

Durch die Verwendung von Fonts können ansprechende Arbeitsmaterialien für Schü­lerInnen sehr schnell hergestellt werden. Die Herstellung der Beispiele aus den Abbildungen hat weniger als zehn Minuten gedauert. Zusätzlich gibt es noch weitere Details im Notensatz, mit denen Anfängernoten leichter lesbar gemacht werden können. Taktbezeichnungen oder Notenschlüssel können zum Beispiel ausgeblendet werden, um die Aufmerksamkeit von jungen SchülerInnen auf das Wesentliche zu lenken. Ebenso können die Darstellung von Taktstrichen und auch die Notenlinien ausgeschaltet werden. Aber auch der Umbruch spielt eine große Rolle bei der Lesbarkeit. Für Anfängernoten ist zum Beispiel eine gleichmäßige Taktzahl in allen Systemen hilfreich,5 weil dadurch rhythmische Proportionen besser erkennbar sind. Wie das einzustellen ist, muss den Anleitungen entnommen werden.

Eigene Fonts herstellen

Einfache Schriftsätze, bei denen wie im Beispiel „Solmisation“ ein Symbol auf eine Taste gelegt wird, lassen sich ohne weitere Software direkt im Internet erstellen. Der Font „Solmisation“ wurde mithilfe der Seite www.calligraphr.com angefertigt. Dort kann man ein PDF-Formular mit einem freien Feld für jede Taste herunterladen und die gewünschten Symbole per Hand darin einzeichnen. Alternativ kann das PDF auch in ein Grafikprogramm importiert und den Tasten jeweils eine Grafik zugeordnet werden. Das Ergebnis wird wieder hochgeladen, und die Internetseite erstellt daraus einen TrueType-Font zum Down­load. Eine Software­installation ist nicht erforderlich. Wer sich vertieft mit dem Thema auseinandersetzt, kann mit professionellen Tools6 noch sehr viel weiterreichende Dinge erreichen, als das mit der Seite www.calligraphr.com möglich ist. Ein Beispiel sieht man in Abbildung 4.

Die Arbeitserleichterung, die ein Schriftsatz bei der Herstellung eigener Unterrichts­materialien bedeutet, wiegt nach kurzer Zeit den Aufwand seiner Herstellung auf. Allerdings ist hier wie immer auch das Urheberrecht zu bedenken. Die Zeichnungen des Schriftsatzes „Solmisa­tion“ sind bis auf wenige Ausnahmen von mir selbst her­gestellt, die Zeichen aus Così si fa sol mi (in Abb. 1 die Quellennummer 1) durfte ich mit Genehmigung des Verlags einbauen. Falls Sie nun eigene Fonts entwickeln, freue ich mich über eine Nachricht an in**@*******er.de. Interessante Zeichensätze sollten im Internet möglichst auch anderen Lehrkräften verfügbar gemacht werden.

1 vgl. Andreas Doerne: Umfassend Musizieren, Wiesbaden 2010, S. 148 ff.
2 TrueType ist ein Datenformat für Schriftsätze, das unter Windows, Mac OS und weiteren Betriebssystemen gleichermaßen verwendet werden kann.
3 Genaueres zu verschiedenen Handzeichensystemen ist nachzulesen bei Michael Dartsch: Musik lernen – Musik unterrichten, Wiesbaden 2017, S. 116-123.
4 Alle Zeichen werden dabei einheitlich mit der rechten Hand dargestellt, aus Sicht desjenigen, der die Zeichen angibt. Diese Darstellungsweise wurde in fast allen Quellen verwendet.
5 Diese Darstellungsweise ist bei Pop und Jazz auch im professionellen Bereich üblich. Leadsheets werden zum Beispiel häufig mit genau vier Takten pro Notenzeile erstellt.
6 Die Internetseite www.drweb.de/10-kostenlose-tools-fuers-schriftdesign-56484 gibt einen Überblick.
7 vgl. www.addizio.de/true-type-fonts

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