Heucke, Stefan

Sonate op. 114, 1 / Sonate op. 114, 3

für Flöte und Klavier / für Klarinette in B und Klavier, jeweils Partitur und Stimmen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2024
erschienen in: üben & musizieren 3/2025 , Seite 63

„Den lang gehegten Plan der Komposition eines Zyklus von vier Sonaten für Holzbläser und Klavier verwirklichen“ konnte Stefan Heucke, Jahrgang 1959, in der Zeit der Pandemie. Kompositorisch gehen die Sonaten für Querflöte und Klarinette von traditionellen Formmustern und Gestaltungen aus. Auch die Harmonik ist noch an die Tonalität gebunden, bricht aber vielfach auf.
So beginnt die Flötensonate mit repetierten D-Dur-Dreiklängen im Klavierdiskant im 6/8-Takt, über denen sich das Thema in schwingendem Rhythmus erhebt, die Harmonik wechselt, die Achtelbewegung durchzieht aber fast den ganzen Satz. Selbst im breiteren Tempo des im Klavierbass vorgestellten zweiten Themas wird sie nach wenigen Takten wieder aufgenommen. Im Ablauf zeigt der Satz viele sonatensatztypische Verarbeitungstechniken mit einem ausgeprägten Wechselspiel von Klavier und Flöte.
Diesem heiter verspielten Satz folgt ein Menuett, dessen Thema anschließend in 16 Takten in sehr freien und anspruchsvollen Variationen mit einigen Flatterzungen-Effekten bis zur Unkenntlichkeit getrieben wird. In leichtem Tonfall folgt das zwischen Dur und Moll schwankende Rondo im Tempo brioso mit ausgedünntem Klaviersatz und virtuosem Flötenpart, der mit einem ganz klassischen Themenbeginn anhebt und – wenig überraschend – mit Dominante und Tonika in D endet, aber doch leicht gestört durch ein f im Schlussakkord. Wirkungsvoll inszeniert wird der die Sätze verbindende Rückgriff auf das zweite Thema des Kopfsatzes, der mit vier markanten Akkorden angekündigt wird, ins Pianissimo zurücktritt und vom Rondothema in der Flöte umspielt wird.
In der Klarinettensonate setzt Heucke dramatischere Akzente. Der Kopfsatz Allegro molto appassionato beginnt mit schwergewichtigen dissonanzgesättigten Klavierakkorden im Fortissimo, die den weiten Klangraum des Klaviers umfassen. Es entfaltet sich ein reger Stimmtausch zwischen beiden Instrumenten mit häufig großer dynamischer Intensität, hervorgerufen durch den akkordischen Klaviersatz. Kontrastierend dazu steht der im Pianissimo in Fis-Dur einsetzende zweite Gedanke mit einem triolischen Duktus, der dann verarbeitet und in der Dynamik exzessiv gesteigert wird.
Eine biografische Begebenheit führte Heucke zum zweiten Satz, der auf Cesar Bresgens Lied O du stille Zeit beruht, das ihm von Künstlerkollegen in einer Video-Inszenierung während der Pandemie geschickt wurde. Acht Variationen, die intensiv die Lagen der Klarinette nutzen, und ein dichter Klaviersatz bilden diesen gewichtigen Satz, der allerdings auf eine inhaltliche Ausdeutung verzichtet. Einem rhythmisch gegen den Strich gebürsteten Menuett folgt als Schlusssatz ein „Totentanz mit Tarantellacharakter“, in dem die Liedmelodie zitiert wird. Alles effektvoll für das jeweilige Instrument gesetzt in einer stark an der Tradition orientierten eigenwilligen Manier.
Heribert Haase

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