Spirituals & Gospels im Unterricht

33 Songs für mittlere und tiefe Singstimme und Klavier / für hohe Singstimme und Klavier, bearb. von Bernd Frank

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2014
erschienen in: üben & musizieren 4/2015 , Seite 58

Der Titel evoziert zuerst die Frage, an welche Art von Unterricht gedacht ist. Bernd Frank, Professor für unterrichtspraktisches Klavierspiel und Improvisation in Mainz, zugleich Jazzchorleiter, verweist auf Gesangsunterricht an Musik- und Musikhochschulen, Aufnahmeprüfungen in den Studien­gängen Schul- bzw. Kirchenmusik sowie den konzertanten Vortrag. Nicht abgedeckt wird der schulische Bereich. Obwohl viele dieser Melodien auch in der Schule Verwendung finden, eignet sich die Veröffentlichung dafür in der Tat nicht, da die Klaviersätze nicht colla parte geführt sind und in ihrer rhythmischen und klanglichen Selbstständigkeit gegenüber der Singstimme nicht unmittelbar als einfach zu realisierende Begleitung genutzt werden können.
Hinweise zur in der Sache liegenden Offenheit des Vortrags deutet Frank im Vorwort an. Der Band ist dennoch keine Gesangsschule oder -technik, sondern liefert genretypische Klavierbegleitungen von überwiegend sehr bekannten und häufig gesungenen Spirituals und Gospels. Im Anhang stellt der Bearbeiter am Beispiel von My Lord, what a morning vor, wie aus einem Song rasch ein Duett zu erzeugen wäre.
Frank achtet auf Vielseitigkeit der Begleitung. So gibt es neben Swing mit Walking-Bässen auch Blues- und Boogie-Figuren, neben Latin- auch Funk-Rhythmen, neben Akkordsätzen auch Imi­tatorisches. Genretypisch sind häufige Parallelen und Quartsextakkorde, überhaupt sind die Klaviersätze nicht zu voll gesetzt, zumeist mittelschwer gehalten, dabei gut ausgehört. ­Einige Zitate aus der Musikgeschichte verdeutlichen zwar inhaltliche Bezüge zwischen Kirchenliedgut und Spiritual (so erhält Steal away als Unterlegung Teile des Bach-Chorals Jesu, meine Freude), erfreuen aber allenfalls Kenner und bergen die Gefahr, die Einheit eines Songs zu gefährden; an anderen Stellen werden das Dresdner Amen und Lobet den Herren zitiert.
Das Notenbild ist sehr gut lesbar. Störend (insbesondere beim Blattspiel) ist der Wegfall von Erinnerungshilfen bezüglich aufgehobener Vorzeichen im Folgetakt, auch die gespaltene Terz in #9-Akkorden wird nicht durch verdeutlichende Vorzeichen gekennzeichnet. Die sehr harte Bindung des Hefts lässt das Umblättern zu einer Herausforderung werden. Leider fehlen Akkordsymbole, die jazzgeschulten BegleiterInnen für gewünschte Freiheiten bei der Realisation hilfreich sein könnten. Dadurch wäre z. B. auch ein Druckfehler wie in Takt 7 von Down by the riverside leichter zu erkennen.
Franks Band ist praxisnah und -erprobt, viele der Sätze sind gut einsetzbar innerhalb des genann­ten Rahmens. Es bieten sich verschiedene Möglichkeiten der Auswahl an, die Veröffentlichung ist kein Zyklus, sondern eine alphabetisch angeordnete Sammlung. Auch Ausweitungen dieser Begleitungen durch Hinzufügen weiterer Instrumente wären denkbar.
Christian Kuntze-Krakau