Gaul, Magnus

Sprache lernen mit Musik

Wie die Instrumentalpädagogik Potenziale zur Sprachförderung nutzen kann

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 3/2017 , Seite 18

Das Lernfeld “Sprache und Musik” bietet nicht nur ein äußerst fruchtbares Betätigungsfeld für viele Musikschulen, es ist auch ein Gebot der Stunde, Kinder und Jugendliche mit keinen oder nur wenig strukturierten Sprachkenntnissen ernst zu nehmen, ihnen in der neuen Heimat Vertrautheit mit der deutschen Sprache zu verschaffen und im Zuge der notwendigen Integrationsarbeit Verantwortung zu zeigen.

Die deutsche Sprache zu lernen, ist die erste Form der Integration. Und sprachdidaktische Prinzipien, die die Kommunikation von zugewanderten Kindern und Jugendlichen betreffen, sind längst auch für die Instrumental­pädagogik von Interesse. Wiederholungs- und Übetechniken sind versierten InstrumentalpädagogInnen vertraut. Sie sind in zahlreichen Satztechniken angelegt und laden zur ideenreichen Gestaltung ein: Ostinato, Call-Call, Call-Response, Steigerung in Crescendo-Abläufen, Verdichtung des Satzes durch Einfügen kleinerer Notenwerte oder Diminution etc. Das musikbezogene Sprachlernkonzept SPRING (SPRache lernen durch sINGen, Bewegung und Tanz) orientiert sich an diesen Techniken und wurde zunächst für die Primarstufe in der Arbeit mit Flüchtlingskindern entwickelt.1 Hier ist zunächst das aufmerk­same Hören von Bedeutung; es bildet die ­Voraussetzung für jegliche Verständigung untereinander.
Hören heißt Aufmerksamkeit schenken und ist damit die erste Form der Kommunikation. Nur wer auch in der Gruppe zuhören kann und dem Gegenüber Beachtung schenkt, wird auch auf Verbalimpulse, non- und paraverbale Zeichen reagieren können. Nur wer den anderen ausreden lässt, kann auch beanspruchen, dass ihm selbst zugehört wird. Das Zuhören ist die erste Form der Zuwendung und der Empathie.
Für eine erste Verständigung können Trommeln und Djemben hervorragende Dienste leisten. Sie besitzen für Kinder eine magische Anziehungskraft. Sie leiten an zum sofortigen Nachahmen, laden ein zur Kommunikation, fordern heraus, setzen Akzente. Nicht zuletzt bieten sie die Möglichkeit zur eigenen Gestaltung von Rhythmen, zur Improvisation und zum freien Spiel.

Lernen in der ­Wiederholung

Wiederholungen können nicht nur für das intelligente Üben und Musizieren genutzt werden, sondern sie dienen – bewusst eingesetzt – auch der sprachlichen Entwicklung der SchülerInnen und dem bewussten Reflektieren von Prinzipien erfolgreicher Kommunikation.2 Dabei muss betont werden, dass Kinder und Jugendliche, selbst wenn sie die deutsche Sprache nicht sprechen, in der Lage sind zu kommunizieren. In ihrer Muttersprache haben sie bereits Techniken und Fertigkeiten der Verständigung von Kindesbeinen an kennen gelernt. Sie kennen den Ausdruck von Emotionen wie Freude, Schmerz, Sympathie oder Abneigung; allerdings sind für sie diese Ausdrucksformen in der neuen Sprache noch nicht in Worten abrufbar.

1 Magnus Gaul/Eva Nagel (Hg.): SPRING. Sprache lernen durch Singen, Bewegung und Tanz, Kassel 2016.
2 vgl. Regina Pathe: Zusammenhänge musikalischen und sprachlichen Lernens. Eine Untersuchung, Regensburg 2008.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 3/2017.