Holtschulte, Michael / Martin Perscheid (Hg.)

Statt Noten

Cartoons für Musiker

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Lappan, Oldenburg/Hamburg 2018
erschienen in: üben & musizieren 4/2018 , Seite 56

Ray Charles und Beethoven – auf einer Wolke – im musikalischen Diskurs. Ray Charles: „Das hört sich nicht an!“ Entgegnet Beethoven: „Das sehe ich anders.“ – Na, fällt der Groschen schon?
Manchmal funktionieren Cartoons auch ohne die zugehörige Zeichnung. Doch zeigt das hier zitierte Beispiel auch exemplarisch, dass gute Witze ein entsprechendes Hintergrundwissen erfordern. Bei all jenen also, die nicht wissen, dass Ray Charles blind war und Beethoven (zumindest in seinen letzten Jahren) taub, wird der Groschen vermutlich noch immer stecken.
Ein Großteil der „Cartoons für Musiker“ basiert jedoch auf einer Erkenntnis, die bereits Wilhelm Busch unnachahmlich auf den Punkt gebracht hat: „Musik wird oft nicht schön gefunden, weil sie stets mit Geräusch verbunden.“ Und Geräusch (hier de­finiert als Klingendes jenseits von Harmonie) entsteht besonders in drei Bereichen: beim Üben, in der zeitgenössischen Musik und im Rock/Pop – alle drei Bereiche werden in diesem Büchlein denn auch mit besonderer „Zuneigung“ der Cartoonisten bedacht. Und mit der für Cartoons üblichen Überspitzung, wie der Titelcartoon von Martin Perscheid zeigt: „Wie lange muss ich denn noch üben?“, fragt das Mädchen, wäh­rend ihr Vater (oder Lehrer?) mit Kopfhörern geschützt und einem boshaften Lächeln durchs Fenster beobachtet, wie sich der Nachbar soeben die Schlinge um den Hals legt. Sicher auch kein Zufall, dass es ausgerechnet die Blockflöte ist, die hier als Waffe eingesetzt wird.
Bei insgesamt 120 Cartoons ist nicht jeder Witz ein Treffer, manches bleibt flach oder zu eindeutig dem Klischee verhaftet. Doch die Mehrzahl der Zeichnungen wird für Heiterkeit sorgen – und bei den allerbesten bleibt einem oftmals das Lachen im Hals stecken; fragt der Kunde bei McDonalds den Verkäufer hinter dem Tresen: „Echt? Sie sind eigentlich Musiker? Und, kann man davon leben?“ Oder wie Bela B. – Schlagzeuger der Punk-Band Die Ärzte – auf dem Buchrücken schreibt: „Satan, vieles ist so wahr, dass sich zu meinem Lachen Tränen der Verzweiflung gesellen…“
Alle, die wissen möchten, wie es klingt, wenn ein Honda Accord gegen einen Laternenmast fährt; was Rüdiger (natürlich!) mit der Blockflöte (natürlich!!) anstellt (glauben Sie mir, das möchten Sie nicht wissen!!!); was jenseits von Tonbildung und Atemtechnik das größte Problem von Oboisten ist oder wie es in Rockbands wirklich zugeht: Die sollten diesen Cartoonband kaufen. Und alle anderen erst recht.
Nicht zuletzt klärt Martin Perscheid in seinem Cartoon „Berühmte Inst­rumentenbauer“ einen großen Irrtum der Musikgeschichte auf – erstes Bild: Adol­phe Sax mit seinem Saxofon in der Hand, zweites Bild: Laurens Hammond sitzt vor seiner Hammond-Orgel, drittes Bild: Monika Mundhaar präsentiert die –? Na, Sie wissen schon…
Rüdiger Behschnitt