Mayer, Emilie
Streichquartett e-Moll
Partitur und Stimmen
Nach den Streichquartetten in G-, B- und A-Dur von Emilie Mayer erschien nun jüngst ihr Streichquartett e-Moll, für dessen Erstveröffentlichung im Kasseler Furore-Verlag erneut Herausgeber Heinz-Mathias Neuwirth verantwortlich zeichnet. Sicherlich sind inzwischen noch weitere Streichquartette („im Nachlass noch acht“) in Arbeit.
Emilie Mayer, die ein recht umfangreiches Œuvre hinterlassen hat, komponierte das viersätzige und etwa 25 Minuten dauernde e-Moll-Quartett in den 1850er Jahren. Die ersten Entwürfe stammen vermutlich bereits von vor 1850. Studiert man das ausführliche Vorwort mit Lebens- und Werkbeschreibung, so wird deutlich, dass es von diesem Werk zwei Fassungen gibt, weil die Komponistin, so Neuwirth, nicht davor zurückschreckte, „dereinst fertig gestellte Arbeiten nachmaligen Verbesserungen zu unterziehen“.
Die „ästhetische Neuausrichtung im Zuge einer zweiten Fassung lässt sich nur haarscharf von einer Neukomposition abgrenzen“. Doch ließe sich, so der Herausgeber weiter, der Kompositionsprozess trotz fehlender Datierung anhand der Quellenlage und handschriftlichen Merkmalen recht gut rekonstruieren, woraus ersichtlich wird, wie Mayer mit der zweiten Fassung ein „ziemlich neues Bild des Streichquartetts e-Moll entwarf“. Den gesamten Prozess zeichnet Neuwirth anhand der Quellen, die in der Staatsbibliothek zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz, aufbewahrt werden, minutiös und lesenswert nach. Dabei wird auch deutlich, dass die Komponistin, die unter anderem bei Carl Loewe und Adolf Bernhard Marx studierte, ihr Werk nie gehört hat.
Kompositorisch hat sich Mayer, wie viele andere KomponistInnen dieser Zeit, am Streichquartettschaffen Beethovens orientiert, nicht ohne aber den Blick in die romantische Tonsprache zu verlieren. Ihr Werk zeigt sich zum einen rückwärtsgewandt mit klassischer Motivverarbeitung, durchbrochener Arbeit und orchestralen Unisono-Passagen, wobei Mayer auf eine langsame Einleitung verzichtet. Zum anderen durchzieht das Werk auch ein romantischer Impetus à la Liszt.
Technisch erscheint es indes nicht besonders schwierig, blickt man in die einzelnen Stimmen, was jedoch nicht die Qualität des Werks schmälert. Alle vier Stimmen sind (wie in der Zeit auch üblich) relativ gleichwertig am musikalischen Geschehen beteiligt. Das Cello beginnt im Allegro maestoso mit großer Geste: mit einem Thema, das eine Oktave umspannt, um nach vier Takten zum Grundton zurückzusinken. Die Themen sind wesentlich von Chromatik beherrscht, andere, wie im langsamen Satz, erscheinen recht eigenwillig, manchmal auch spröde und merkwürdig gewollt; das an zweiter Stelle stehende Scherzo dafür dicht gedrängt mit vielen retardierenden Tempoangaben. Das Finale rollt bis auf wenige Momente beinahe durchgehend mit Triolen dem Ende entgegen. Druck und Layout sind vorzüglich.
Werner Bodendorff