Händel, Georg Friedrich

Suite G-Dur für Cembalo HWV 441

bearbeitet für Violine und Violoncello (Fagott)

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Kistner & Siegel, Brühl 2012
erschienen in: üben & musizieren 1/2014 , Seite 57

Die Literatur für Streicherduo ist nicht allzu reichhaltig, deshalb ist die vorliegende Bearbeitung einer Cembalo-Suite von Händel für Violine und Violoncello grundsätzlich begrüßenswert. Außerdem greift der Bearbeiter Rudolf Lück hier eine bewährte und in der Barockzeit sehr verbreitete Praxis auf. Die weitgehende Zweistimmigkeit des Originals kommt dem Bearbeiter entgegen, sodass er sich auf wenige retuschierende Eingriffe in die Cembalostimme beschränken konnte.
Im Wesentlichen handelt es sich um behutsam kürzende Veränderungen im Bass bei akkor­dischen Takten. Natürlich kann und darf man über einzelne Lösungen diskutieren: etwa in der abschließenden Gigue im Takt 4, wo Lück glaubt, Händels Stimmführung im Bass verbessern zu müssen. In der letzten Variation der Gavotte müsste der letzte Basston im Takt 122 doch wohl wie im Original ein a sein (kein g) – Druckfehler oder verbessernde Absicht? Und der abschließende Triolenabstieg in der Violine ist im Original ein durchgehender, sehr effektvoller Zweiunddreißigstel-Absturz über zweieinhalb Oktaven – vielleicht hätte man die originalen Notenwerte doch beibehalten und den Beginn der Passage nach oben transponieren sollen, statt sie auf diese Weise zu verkürzen und zu entschärfen? Der ursprüngliche Stretta-Effekt jedenfalls ist im Arrangement kaum noch vorhanden.
Schließlich ist auch nicht recht einzusehen, warum zwei Sätze (Allegro und Menuett) weggelassen wurden, „da sie für den Cellisten technisch schwer zu spielen sind“, so Rudolf Lück in den Erläuterungen zu seiner Ausgabe. Natürlich halten sich die spieltechnischen Ansprüche dieser Suite insgesamt sehr in Grenzen, übrigens auch für den Cembalisten. Aber sowohl für das Allegro wie für das Menuett hätten sich doch sicher Lösungen finden lassen, durchaus auch im Sinne einer leichten Vereinfachung des Notentextes.
Gerade die spielerischen rhythmischen Verzahnungen zwischen Ober- und Unterstimme im Alleg­rosatz wären eine reizvolle Aufgabe für die beiden Streicher geworden; und statt der ursprünglichen Oktaven im Bass des Menuetts hätten auch einfache ­Töne dem kompositorischen Anspruch genügt. So ist es schade, dass die Suite in der Bearbeitung unvollständig bleiben muss. Aber wenn man möchte, kann man die Lücke ja relativ leicht anhand der originalen Cembalostimme schließen.
Insgesamt stellt dieses Arrangement jedenfalls trotz der kleinen Kritikpunkte eine Bereicherung der Duo-Literatur dar, nicht nur für Profis, sondern gerade auch für den Bereich der Hausmusik.
Arnold Werner-Jensen