Zehetmair, Helmut / Benjamin Bergmann

Systematische ­Violintechnik

Die Bausteine des Violinspiels, Band 1: Bogen-, Saiten- und Fingerwechsel / Band 2: Direkte Lagenwechsel

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2013
erschienen in: üben & musizieren 6/2013 , Seite 58

Dieses groß angelegte Werk fasst alles zusammen, was im heutigen Violinspiel „technisch“ möglich ist. Die Verfasser gehen von vier „musikbezogenen“ Bewegungen aus, die Tonhöhe und -dauer definieren: Bogenwechsel, Saitenwechsel, Fingerwechsel und Lagenwechsel. Mit diesen Bausteinen vollzieht sich der Aufbau einer „systematischen Violintechnik“ vom Einfachen zum zunehmend Komplexen.
Die Einführung des ersten Bandes verdeutlicht die vier Möglichkeiten der Artikulation („Polyrhythmik“): Notenwerte, als Beispiel ein punktiertes Achtel und ein Sechzehntel, können mit der rechten Hand durch Wechsel der Strichrichtung oder durch Saitenwechsel sowie mit der linken Hand durch Fingerwechsel (Verschieben oder Aufsetzen eines zusätzlichen Fingers) oder durch Lagenwechsel dargestellt werden.
Unter der Überschrift „Musik und Technik“ beziehen dann der kreative Musiker und Lehrer Helmut Zehetmair und der universelle Künstler Benjamin Bergmann die geistigen Dimensionen des Violinspiels ein. Sie sehen „gute Technik“ als „Integration der Instrumente (Geige und Bogen)“, sie trägt und sichert „die Schönheit der Präsentation von Musikwerken“. Schwierige Stellen bieten den Anreiz, „erkennend und analysierend in Neuland vorzustoßen“, als „Puppenspieler im Dienste des Komponisten“. Diese (hier verkürzt angedeutete) ganzheitliche Sicht vertritt ein künstlerisch-pädagogisches Gesamtkonzept, das keinen Gegensatz, sondern nur ein Verschmelzen von Musik und Technik kennt.
Beim Durcharbeiten des ersten Bandes zeigt sich, dass dies ein Konzept von absoluter Professionalität ist. Ob „Bogenwechsel“ und Bogen-Artikulation (Teil 1), Saitenwechsel (halbe, ganze, anderthalbfache und doppelte) mit dem Bogen (Teil 2) oder Aufsetzen, Heben und Verschieben der Finger längs und quer zu den Saiten sowie Kombinationen der ersten drei Grundbewegungen (Teil 3) – klares Ziel ist stets die rhythmische Präzision. Hierbei kommen auch extreme Parameter wie der Quint- und der Kleinsextrahmen als Alternativen zum natürlichen Quartrahmen der linken Hand zur Sprache, die nicht zu den Gegenständen der Unter- oder Mittelstufen-Methodik gehören, aber „Stand der Technik“ sind.
Der zweite Band (Teil 4) geht wieder vom Einfachen aus, er ist den „direkten“ Lagenwechseln vorbehalten, bei denen Start- und Zielfinger identisch sind. Zum Schluss werden das „Pivoting“ und „Creeping“ eingeführt, also Techniken, bei denen der Daumen oder der Gleitfinger als „Anker“ ihren Platz noch behalten, während die Hand mit den übrigen Fingern bereits in einer neuen Lage arbeitet. Mit diesen vier Teilen erfüllen die beiden bisher erschienenen Bände bereits den Anspruch der Autoren, erstmalig eine systematische Aufbereitung der Violintechnik vorzulegen.
Reinhard Seiffert