Schumacher, Kurt
The Blue Hour
22 Stücke für Gitarre im Blues- und Rockfeeling
Um das Interesse junger GitarristInnen am Instrument zu erhalten, sind Spielstücke, die auf der klassischen Gitarrentechnik basieren, aber harmonische und melodische Elemente aus Pop, Rock und Blues beinhalten, eine sinnvolle Ergänzung zur Gitarrenschule und der klassischen Spielliteratur. Der studierte Musikwissenschaftler Kurt Schumacher hat sich vor allem als Herausgeber der Kammermusik Niccolo Paganinis einen Namen gemacht, ist aber auch als klassischer Gitarrist und Komponist von Gitarrenmusik aktiv.
Sein Heft The Blue Hour beinhaltet 22 Stücke für den Gitarrenschüler, die sich im einfachen bis mittleren Schwierigkeitsgrad bewegen. Der Großteil der Kompositionen baut auf dem Bluesschema oder leichten Abwandlungen auf. Es finden sich aber auch Ragtime-Songs und jazzig Angehauchtes in der Sammlung. An technischen Elementen werden vor allem der durchgehende Wechselbass und bluesige Dominantseptakkorde den klassischen Spieltechniken hinzugefügt. Auch Offbeat-Rhythmen und pentatonische Läufe bieten neue Anregungen für eher klassikgeschulten GitarristInnen.
Während viele Stücke auf bekannten Bluesläufen und -patterns basieren, sind andere in der Melodik schwer nachzuvollziehen und klingen – besonders im langsamen Tempo gespielt – leicht disharmonisch. Fraglich ist auch, ob junge GitarrenschülerInnen zwischen zehn und 15 Jahren Blues, Ragtime und Jazz als moderne Musik empfinden. Elemente neuerer Rock- und Popmusik sucht man in The Blue Hour vergebens.
Trotz dieser stilistisch eingeschränkten Vielfalt bietet Kurt Schumachers Heft eine Menge an Spielstoff, der sich variabel einsetzen lässt. Für Anfänger eignen sich kurze Stücke wie Stop and Go oder Lazy Fingers, die einfach zu überblicken sind und Bassläufe mit akkordischen Einwürfen kombinieren. Gelungen sind auch die romantische Ballade Dragon Tears und das melodische Orange Sky mit jazziger Melodie und Ausflügen in höhere Lagen.
Fortgeschrittenere GitarristInnen können sich an vertrackteren Melodien wie The Blue Hour oder mehrstimmigen Akkordpatterns in Cannery Row versuchen. Auch das Tempo der Songs bietet Möglichkeiten, den Schwierigkeitsgrad zu steigern. Besonders die Wechselbasspatterns klingen erst in hohem Tempo richtig gut, und dann wird rechter und linker Hand schon einiges abverlangt. Die höhere rhythmische Komplexität der Stücke im Vergleich zu klassischer Spielliteratur ist ebenfalls eine interessante Aufgabe für Nachwuchsgitarristen.
The Blue Hour ist eine sinnvolle Ergänzung zur Spielliteratur. Eine größere stilistische Bandbreite und die Integration moderner Musikstile würden den pädagogischen Wert zwar noch erhöhen, aber auch ohne diese Elemente findet sich viel Übenswertes in Schumachers Heft.
Martin Schmidt