Schneeberger, Diknu / Andi Sagmeister
The Spirit of Gypsy Jazz
Grundlegende Techniken und neue Kompositionen für Gypsy Jazz Gitarre, mit Play-alongs und Videos
1999 drehte Woody Allen den Film Sweet and Lowdown als Hommage an den Gypsy Jazz. Dieser Stil der Jazzmusik entwickelte sich als eine Variante des Swing. 1934 hatte der Gitarrist Django Reinhardt das Quintette du Hot Club de France gegründet, das erste ausschließlich mit Saiteninstrumenten besetzte Jazz-Ensemble. Mit Reinhardt, der als Sinto in Belgien zur Welt kam und in Frankreich lebte, und seinem Quintett prägten zum ersten Mal europäische Musiker die Jazzszene. Reinhardt etablierte damit die mit einem Plektrum gespielte, verstärkte akustische oder halbakustische Gitarre als Melodieinstrument in einem Jazz-Ensemble. Er gilt als einer der bedeutendsten Gitarristen und ist in Woody Allens Film das große Vorbild des fiktiven Gitarristen Emmet Ray.
Zu den heute führenden Gypsy-Jazz-Gitarristen gehört der 1990 in Wien geborene Diknu Schneeberger, der mit einem Rhythmusgitarristen und einem Kontrabassisten im Diknu Schneeberger Trio spielt. Zusammen mit seinem Kollegen, dem Jazzgitarristen Andi Sagmeister hat er jetzt das Lehrbuch The Spirit of Gypsy Jazz veröffentlicht. Die Autoren empfehlen eine akustische Gitarre mit Stahlsaiten oder eine Hollowbody-Jazzgitarre. Aber: „Wenn du den Original-Sound anstrebst, brauchst du früher oder später eine echte ‚Gypsy-Gitarre‘“, also eine Selmer-Maccaferri-Gitarre mit dünnen Saiten, gespielt mit dickem Plektrum.
Nach einleitenden Erklärungen zu typischen Merkmalen des Gypsy Jazz wie dem La Pompe-Rhythmus, dem Restroke Picking, dem vertikalen Vibrato, der Swing-Phrasierung und der besonderen Bedeutung von Arpeggios für die Improvisation wird man in sehr kleinen Lehrschritten durch Arpeggios und Tonleitern geführt. Überall bieten die Autoren doppeltes Audiomaterial, einmal langsam und einmal schnell eingespielt. Alle Notenbeispiele sind mit Tabulaturen ergänzt, der Text ist zweisprachig deutsch und englisch.
Man sollte schon etwas Erfahrung mit Akkordsymbolik und Improvisation mitbringen, aber das Lehrbuch macht es einem leicht, sich in die Materie einzuarbeiten. Es lohnt sich und macht Spaß, sich neben dem Theorie- und Übungsteil auch durch die 152 MP3s, einige Videos und PDFs durchzuarbeiten, die man sich downloaden kann, denn das Heft ist didaktisch gut und vor allem sehr übersichtlich aufgebaut. So zeigen auch in den abschließenden fünf neuen Kompositionen Schneeberger und Sagmeister nicht, was sie alles drauf haben, sondern knüpfen nahtlos an das an, was der Schüler oder die Schülerin bis dahin gelernt hat. Das Heft ist sehr zu empfehlen und gleichzeitig eine gute Gelegenheit, sich mal wieder Woody Allens herrlichen Film Sweet and Lowdown anzuschauen.
Jörg Jewanski