Hindemith, Paul

Thema mit 6 Variationen

Ganz leichte Stücke für Fagott und Violoncello

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2012
erschienen in: üben & musizieren 4/2012 , Seite 61

Paul Hindemith zählte zu den vielseitigsten Musikern des vergangenen Jahrhunderts. Er war schöpferischer Komponist, Praktiker, Theoretiker und Pädagoge in einer Person. Mit seinen Kammermusiken bedachte er sowohl Virtuosen mit hohen Ansprüchen als auch Liebhaber und Schüler mit maßgeschneiderten Kompositionen und präsentierte sich auch als Meister der kompositorischen Kleinkunst.
Unter diesem Gesichtspunkt sind auch die 1941 geschriebenen Stücke für Fagott und Violoncello und die hier vorliegenden „Ganz leichten Stücke für Fagott und Violoncello“ aus dem Jahr 1942 zu sehen. Hindemith wählte für das Thema mit sechs Variationen die Melodie eines heute unbekannten Drei-König-Liedes aus dem Altdeutschen Liederbuch von Franz M. Böhme.
Unter den Nazis galt Hindemith als „entarteter Musiker“. Aus diesem Grund emigrierte er mit seiner Frau Gertrud 1940 in die Vereinigten Staaten. Dort widmete sich das Paar mit großer Freude der gemeinsamen Hausmusik. Da seine Frau erst als Erwachsene das Cellospiel erlernte, wurde die Cellostimme ihrem technischen Niveau angepasst. Dabei begleitete Hindemith seine Frau auf den unterschiedlichsten Instrumenten – so auch auf dem Fagott.
Nach dem gesanglichen Thema folgen sechs sehr unterschied­liche Variationen, wobei weder die Melodie noch die folgenden Stücke mit Tempobezeichnungen versehen sind. Auf Grund der melodischen Linienführung bleibt zu vermuten, dass sich  die erste Variation im Andante-Charakter bewegt mit flüssigen Triolengirlanden im Fagott und einer ruhigen Continuo-Begleitung des Cellos in der ersten Lage. Die zweite Variation wechselt danach in einen 6/8-Takt, wobei das Cello eine breite, ruhige, getragene Achtelbewegung vorgibt, auf der sich das Blasinstrument in einer melodischen Linie bewegt.
Die dritte Variation ist im Dreiertakt, sehr ruhig und kantabel gehalten, im Sinne eines langsamen Satzes. An vierter Stelle folgt ein perkussiver Satz, wobei teilweise Synkopen und leicht realisierbare sich abwechselnde Nachschläge ein reizvolles Zusammenspiel ermöglichen. Ein Fugatothema schließt sich in Frage und Antwort und im Zwiegespräch der beiden Instrumente an. Es folgt zum Schluss die sechste Variation, die als wirkungsvoller bewegter Endpunkt schließt.
Bei diesem Stück handelt es sich um eine Gelegenheitskomposi­tion ohne große instrumentale Ansprüche. Vorstellbar ist auch die Besetzung mit zwei Fagotten oder zwei Celli. So ist die Komposition eine Bereicherung des Duo- und Fagott-Repertoires und ist für die Verwendung im elementaren Bereich und sicher auch als Literaturangebot z. B. beim Wettbewerb „Jugend musiziert“ bestens geeignet. Im Übrigen ist diese Neuerscheinung wie beim Schott-Verlag üblich von hoher Qualität im Notendruck, hochwertigem Papier und durch zwei Partituren mit entsprechender Übersichtlichkeit des Notentextes versehen.
Alfred Rinderspacher