Thalheim, Armin
Toccata, Adagio und Fuge
für Sopran-Saxophon und Orgel op. 19
Der Titel erweckt zunächst Assoziationen an ein romantisches Orgelstück von César Franck. Tatsächlich aber stammt diese im Jahr 2015 entstandene Komposition von Armin Thalheim. Die Orgel ist hier Begleitung für ein Sopransaxofon (oder für eine Flöte). Gewidmet hat Thalheim seine Komposition der Saxofonistin Claudia Tesorino, die das Stück noch im selben Jahr in Straßburg uraufgeführt hat.
Will man mehr über die Biografie des 1944 im sächsischen Kamenz geborenen und in Berlin lebenden Organisten, Pianisten und Cembalisten wissen, kann man sich bei Wikipedia informieren oder seine Homepage besuchen, auf der Aufsätze, Kritiken seiner zahlreichen Konzerte, eine ansehnliche Diskografie und ein Werkverzeichnis bis Opus 24 aufgelistet sind. Als Käufer der vorliegenden Ausgabe wäre man dankbar gewesen über diese und andere Informationen zum Werk selbst. Keine Infos bedeuten wenig Kaufanreiz.
Wird der Entschluss zum Kauf trotzdem getroffen, so erwartet einen die werkeröffnende Toccata mit etwas spröde und sperrig zu spielenden Sechzehnteln, zunächst für Saxofon allein. Nach zehn Takten mischt sich die Orgel ein, zunächst mit korrespondierenden Sechzehnteln, dann mit einem vorwärtsdrängenden Rhythmus. Auf halber Strecke lösen im schnelleren Tempo figurierte Triolen die Sechzehntel ab, hernach spielt die Orgel 14 Takte einen trochäischen Hinke-Rhythmus (kurz-lang). Der Kopfsatz endet mit erneuten Sechzehntelgruppen, rhythmisch unterlegt.
Im langsamen Mittelsatz herrschen ungerade Taktarten. Für ein Adagio ist er mit Tempo 86 vielleicht etwas schnell, dies hilft indes über die melodiearmen Tonleiterabschnitte hinweg. Zuerst hat 14 Takte lang die Orgel im im 5/4‑Takt, in 3er- und 2er-Gruppen unterteilt, allein die simple Linienführung, das Saxofon folgt mit eigenwilliger Melodik. Bewegung bringt der nachfolgende 5/8‑Takt in einer 4–1‑Gruppierung; rhythmische Kleingliedrigkeit bedeutet der einsetzende 7/16-Takt, der sich jedoch bald in 3/8 und 5/4 kurz ändert, sich beruhigt, um für acht Takte im erneuten 5/8‑Takt sich in die Höhe aufzuschwingen, um sich resigniert im 5/4 dem Ende zuzubewegen.
Der Titel Fuge ist missverständlich, da er hier nicht die Form anzeigt. Im Gegenteil herrscht zunächst 15 Takte lang orchestrale Homofonie von Orgel und Saxofon. Zwar erscheint das einfache Kopfthema hin und wieder, jedoch ohne klassische Kontrapunktik und verflochtene Stimmführung. Nur zweimal ist eine Art Fugato zu hören: ab T. 30 ff. vier Takte und ab T. 51 ff. sechs Takte lang. Zwischendurch darf der Instrumentalist über eine beinahe gleichbleibende Spielfigur etwa zwei Minuten lang frei improvisieren. Der Finalsatz mit Tempo 100 erscheint von der Idee her lebendiger und auch in rhythmischer Hinsicht von allen der interessanteste zu sein.
Werner Bodendorff