Corelli, Arcangelo

Triosonaten

Band 1: Sonate da chiesa / Band 2: Sonate da camera, nach den Quellen hg. und mit Hinweisen zur Interpretation von Bernhard Moosbauer

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Wiener Urtext, Wien/Mainz 2013
erschienen in: üben & musizieren 1/2014 , Seite 58

Arcangelo Corellis Triosonaten ge­hören zu den populärsten Werken des Barock in kammermusikalischer Besetzung. Das zeigt sich schon an den zahlreichen Bearbeitungen der eigentlich für zwei Violinen und Continuo geschriebenen Stücke für andere Instrumente, etwa für Blockflöten. Dabei unterscheiden sich die jeweils zwei Dutzend Sonaten da chiesa und da camera op. 1 bis op. 4 hauptsächlich durch die je unterschiedliche Continuogruppe, die bei den sogenannten „Kirchensonaten“ (op. 1 und 3) eine Orgel und Violone (Cello) fordert, bei den „Kammersonaten“ (op. 2 und 4) dagegen nur ein Cembalo und Violone.
Die einen folgen dabei, wie schon die Bezeichnungen nahe legen, einer eher kontrapunktisch-motettenartigen Schreibart der Sätze, die anderen sind eher weltlich orientiert und durch barocke Tanzformen geprägt. Allerdings sind die Grenzen fließend, und so kann der Charakter der einzelnen Sätze nicht immer klar der einen oder anderen Richtung zugeordnet werden.
Die von Bernhard Moosbauer herausgegebene Auswahl stützt sich auf die Erstausgaben, die unter der akribischen Aufsicht Corellis in Rom gedruckt wurden, aber auch schnell in ganz Italien und darüber hinaus pub­liziert wurden. Bei manchen Nachdrucken dürfte der Komponist, der für seine penible Genauigkeit und kompromisslose Kontrolle der Veröffentlichung seiner Werke bekannt ist, redigierend beteiligt gewesen sein.
Insofern reduziert sich die bei anderen Ausgaben von Werken des ausgehenden 17. Jahrhunderts häufig nötige und nicht selten sehr aufwendige Quellenforschung zum „Urtext“ und die textkritische Klärung von Zweifelsfragen in diesem Fall auf ein erträgliches Minimum.
Dennoch bleiben interpretatorische Fragen bei einem Werkkomplex, dessen Entstehung mehr als 300 Jahre zurückliegt und dessen musikalische Ausführung heutige MusikerInnen nicht selten nach modernen Gesichtspunkten angehen. Hier sind die praktischen Hinweise Bernhard Moosbauers sicher ebenso nützlich wie die Aussetzung der Generalbassbezifferungen durch Jochen Reutter, die historisch versierte InterpretInnen freilich ignorieren werden.
Nichtsdestoweniger wurden die beiden Bände mit je sechs Corelli-Sonaten durchaus sinnvoll ediert für MusikerInnen, die sich nicht zu den Alte-Musik-Spezialisten zählen, sich aber dennoch nicht den Spaß nehmen lassen wollen, gelegentlich diese wundervolle Musik des italienischen Barock vorzutragen. Zum anderen ist die Ausgabe bestens geeignet, SchülerInnen an historische Spielweisen heranzuführen.
Es ist kaum verwunderlich, dass  etwa der Kurfürst von der Pfalz, Johann Wilhelm, Corelli posthum den Ehrentitel „Marchese di Ladenbourg“ als Dank für die Concerti Grossi op. 6 verlieh – auch wenn Corelli wahrscheinlich nie einen Fuß nördlich der Alpen gesetzt hatte.
Matthias Roth