Kolb, Oliver

Trois pièces pittoresques

für Flöte und Klavier

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2017
erschienen in: üben & musizieren 1/2018 , Seite 56

Seit 2010 wird der Harald-Genzmer-Kompositionswettbewerb im zweijährigen Turnus von der Harald-Genzmer-Stiftung in Kooperation mit der Hochschule für Musik und Theater München und dem Deutschen Musikrat veranstaltet. Ziel des Wettbewerbs ist es, die Neue Musik zu fördern und zur Auseinandersetzung mit dem musikalischen Denken und Werk von Harald Genzmer anzuregen. Die neu ent­stehenden Kompositionen sollen „vital, kunstvoll und verständlich sein“ (Genzmer 1978) und zudem das Repertoire für den Wettbewerb „Jugend musiziert“ erweitern. Nachdem in den vergangenen Jahren die Besetzungen Klarinette und Klavier, Cello und Klavier sowie Klaviertrio gefragt waren, wurde der Wettbewerb 2016 für Flöte und Klavier ausgeschrieben. Die eingereichten Werke sollten mittelschwer sein und maximal zehn Minuten dauern.
Als zweiter Preisträger aus diesem Wettbewerb, an dem sich 134 KomponistInnen aus über 30 Ländern beteiligten, ging der aus Darmstadt stammende Komponist, Pianist und Klavierpädagoge Oliver Kolb mit seiner Komposition Trois pièces pittoresques hervor. Oliver Kolb hat sich gemeinsam mit seiner Frau Romana Danhel-Kolb als Pianoduo Danhel-Kolb einen Namen gemacht. Kompositorisch widmete er sich bisher schwerpunktmäßig der vierhändigen Klaviermusik. Bemerkenswert sind vor allem seine Märchenvertonungen nach Texten der Gebrüder Grimm und H. C. Andersen für Klavier und Sprecher.
Die Trois pièces pittoresques ste­hen musikalisch wie inhaltlich in der Tradition französischer Musik der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die wirkungsvolle Musik, die ländliche Idylle verklanglicht, ist reich an Klangfarben und zeichnet sich durch ausgefeilte Dynamik, differenzierte Agogik, raffinierte Harmonien und abwechslungsreiche Rhythmen aus. In der insgesamt mittelschweren, traditionell notierten Komposition, die keine neuen Spieltechniken aufweist, kommen die Flöte und das Klavier gleichermaßen zu ihrem Recht; die Relation ist gut ausgewogen.
Der erste Satz „Arabesque“, ein delikates, frei rankendes Musikstück, beginnt im Pianissimo, schwingt sich bis zu erregtem Fortissimo auf und endet wieder im Pianissimo. Im zweiten Satz „Bukolisch“ folgt auf einen elegisch-klagenden Beginn ein sehr rascher und schwungvoller tänzerischer Teil mit häufigen Taktwechseln.
Der dritte Satz ist mit „Pastourelle“ überschrieben. Der Begriff evoziert eine Form des französischen Minnelieds, das von einem Liebesabenteuer eines Ritters erzählt, der in freier Natur unverhofft einer jungen Schäferin begegnet. In der Urversion der Gattung weist die „Pastourelle“ den werbenden Mann ab. Kolb knüpft mit seinem atmosphärischen Allegretto im 6/8-Takt jedoch eher an der Tradition der Pastorale als an Hirtenmusik an und zeichnet ein malerisches Bild des Lebens auf dem Lande.
Die Trois pièces pittoresques bereichern das Repertoire für Flöte und Klavier um ein kleines, charmantes, farbenreiches und gut spielbares Werk.
Andrea Welte