Trompetenschule

Dass Trompetenlehrkräfte immer noch nach einer Standardschule suchen, zeigt der nicht abreißende Strom von neu erscheinenden Trompetenschulen. Michael Stecher, Trompetenlehrer an verschiedenen Musikschulen und Dozent für Didaktik, kommt mit einem „neuen Weg“ auf den Markt. Das Neue an diesem Unterrichtswerk ist die Anordnung nach elf verschiedenen Themen, mit denen Stecher versucht hat, Bewährtes beizubehalten, aber auch neue Wege zu finden. Die Lehrkraft ist dadurch frei in der Gestaltung des Lernweges, kann sozusagen „Kapitelhopping“ betreiben und aus einer Fülle von Inhalten schöpfen.
Neben über 140 Kinder-, Volks-, Weihnachts- und Laternenliedern finden sich Mundstückübungen, ein Kapitel widmet sich ausschließlich den ersten Tönen auf dem Instrument, ferner gibt es einen knapp 30-seitigen Abschnitt über Viertel- und halbe Noten sowie ein separates Kapitel über punktierte Viertel und den oft stiefmütterlich behandelten 6/8-Takt. Die beiden längsten Kapitel behandeln mit je 49 Seiten das Thema Ansatztraining sowie Achtelnoten.
In der „Technikkiste“ geht es um unterschiedliche Anstoßarten und die „Etüdenkiste“ führt den Schüler an vier- bis achttaktige, seltener zwölftaktige Mini-Übungsstücke mit maximal einem Kreuz oder einem B heran. Im Kapitel über unterscheidendes Lernen werden neben Dur- und Molltonleitern einige Kirchentonarten vorgestellt, deren Verwendung aber leider nicht an Liedbeispielen erklärt wird.
Die Abschnitte über Naturtonbin­dungen, Anstoßübungen, Sprünge und chromatische Tonleitern sind ohne Bilder, fantasieanregende Geschichten oder Spiele recht trocken und erfordern didaktisches Geschick. Überhaupt verzichtet Stecher bewusst auf Comics und Bebilderung und so mutet das Unterrichtswerk optisch bisweilen recht puristisch an. Viel Freude wird ein Kapitel mit 19 Kanons in die Unterrichtszimmer bringen, da diese über das übliche Bruder Jakob hinausgehen und mit Texten unterlegt sind.
Die beiden CDs enthalten neben dem Lehrerhandbuch und einer umfangreichen Klavierbegleitung von knapp 100 Seiten, welche bei Bedarf ausgedruckt werden können, ferner auch die mit viel Liebe zum Detail gemachten Playalongs, die für alle Lieder gleich in mehreren Stilen (Klassik, Rock, Jazz…) vorliegen. Weil sie stilsicher und harmonisch reichhaltig gesetzt sind, ist das für mich das wahre Highlight dieses Unterrichtswerks und könnte auch älteren Grundschulkindern die vielen Kinderlieder schmackhaft machen.
Schnell wird klar: Diese Trompetenschule verwendet man nicht, ohne sich vorher ausführlich damit beschäftigt zu haben, denn sonst ist die Gefahr groß, dass man sich in dem umfangreichen Material verliert. Hingegen ist es die erste mir bekannte Anfängerschule, die solch eine Fülle an Spielmaterial bietet, auch wenn für meinen Geschmack ein Stück wie Zehn kleine Negerlein in die Mottenkiste der politischen Entgleisungen gehört.
Kristin Thielemann