Üstün, Murat

Türkische Lieder

für 1-2 C-Instrumente und Klavier/für 1-2 C-Instrumente

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Doblinger, Wien 2013
erschienen in: üben & musizieren 1/2014 , Seite 54

Schon seit vielen Jahrzehnten werden türkische Volkslieder für europäische Instrumente bearbeitet, und türkisches Liedgut ist heute in deutschsprachigen Liederbüchern und Instrumentalschulen zunehmend präsent. Dennoch haben didaktische Arrangements türkischer Musik für variable instrumentale Besetzung immer noch Seltenheitswert.
Der Komponist, Hornist und Musikpädagoge Murat Üstün lebt und unterrichtet seit über zwanzig Jahren in Vorarlberg/Österreich. Während seiner Kindheit in Izmir/Türkei entwickelte er ­eine innige Beziehung zur türkischen Volksmusik. Mit der vorliegenden Veröffentlichung kommt Üstün der häufig an ihn herangetragenen Bitte nach, für Kinder türkischer Abstammung, aber auch für alle anderen, die sich für türkische Musik interessieren, „Noten für einfach zu spielende türkische Musik zu schreiben“ (Vorwort).
Die zwölf Stücke der Sammlung, darunter einige Klassiker wie „Ka­tibim“ oder „Çökertme“, aber auch unbekanntere Lieder, stammen aus verschiedenen Gegenden der Türkei. Der Schwierigkeitsgrad reicht von sehr leicht bis mittelschwer. Obwohl der Umfang der Melodien gering und das verwendete Tonmaterial einfach ist – vorwiegend erste und zweite Oktave, wenig Akzidentien, keine Viertel- oder Teiltöne –, sind viele Stücke durch asymmetrische Taktarten oder Synkopen rhythmisch-metrisch herausfordernd und genau dadurch reizvoll. Einige Stücke liegen für AnfängerInnen gut, ande­re sind so tief gesetzt, dass sie auf etlichen Instrumenten höchs­tens oktaviert spielbar sind. Das Heft mit Klavierbegleitung enthält sechs der zwölf Lieder und zusätzlich ein neu komponiertes konzertantes Stück für Melodieinstrument und Klavier, welches u. a. auf Volksliedmotiven basiert.
Üstün hat sich beim Arrangieren vielfach an der typisch türkischen Monofonie orientiert. In den ­Duos verwendet er nur selten parallele Terzen oder Sexten, häufig jedoch Quarten, Quinten und Oktaven, wodurch die Musik leicht spröde klingt. Die Harmonisierung am Klavier ist teils traditionell tonal, teils aber auch ungewöhnlich. Jeweils am Ende eines Hefts werden die Inhalte der Lieder kurz zusammengefasst. Liedtexte wurden nicht abgedruckt, ebenso wenig Erklärungen zu türkischen Volksinst­rumenten oder Tänzen.
Auf YouTube sind einige der ­Stücke zu hören: Zum einen handelt es sich leider um ein un­musikalisches und unsinnliches „Gedudel“, das klingt, als hätte man den Notensatz vom Computer abspielen lassen, zum anderen um höchstens mittelmäßige, wenig ausdrucksstarke Live-Darbietungen.
Fazit: Trotz guter Intention vermag diese Neuerscheinung nicht in allen Punkten zu überzeugen. Bei gezielter Auswahl und geschickter Aufbereitung können die Lieder indes den Unterricht bereichern.
Andrea Welte