Buot, Victor

Tyrolienne variée

für Altsaxofon und Klavier

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Dohr, Köln 2017
erschienen in: üben & musizieren 5/2018 , Seite 58

Die Anzahl an Stücken für Saxofon aus dem 19. Jahrhundert ist überschaubar und stark auf Frankreich konzent­riert. Nur wenige Komponisten wie Ambroise Thomas oder Jules Massenet besetzten das Instrument in Opern, George Bizet auch in der Instrumentalmusik. Hauptsächlich aber wurde es in der Militärmusik verwendet. Der 1822 in Straßburg geborene Vic­tor Buot wirkte laut dem zweisprachigen Vorwort von Herausgeber Christoph Dohr in solch einem Orchester als „Chef de musique d’infanterie“. Für einen Mi­litärmusiker war es normal, kleinere Kompositionen zu liefern, aber auch Arrangements zu erstellen.
Üblicherweise spielten Militärkapellen neben Märschen zahlreiche Arrangements von aktuellen Opern-Ouvertüren und beliebte Opern-Arien, die dann der jeweiligen Militärorchester-Besetzung angepasst wurde. Auch bei Vic­tor Buot finden sich im Nachlass nicht nur Lieder und Salon-Klaviermusiken, sondern ebenso Be­arbeitungen für Militärorchester und Klavierauszüge von Opern.
Vorliegende Ausgabe der Tyrolienne variée pour Saxophone Alto Mi b entstammt jedoch keiner handschriftlichen Vorlage, sondern „einem privat gebundenen Sammelband […] mit Klavierpartituren von insgesamt 17 Erstdrucken früher französischer Saxophonmusik, der sich seit rund einem Vierteljahrhundert im Bestand der Sammlung Dohr befindet“. Das Stück ist dem Komponisten und in Paris als „Chef d’orchestre des Concerts du Jardin“ wirkenden Louis Mayeur ge­widmet und 1882 veröffentlicht worden.
Dass Buot eine Tyrolienne gewählt hat, mag wohl daran liegen, dass er Mayeur nicht nur kannte, sondern mit ihm, der aus dem süddeutschen bzw. österreichi­schen Raum stammte, befreundet war. Da Mayeur selbst Stücke für Saxofon schrieb, hat er es sicherlich selbst gespielt.
Die Tyrolienne ist eine Bezeichnung für eine beliebte Liedgattung, die im frühen 19. Jahrhundert aufkeimte und rasch Mode wurde, als fesche „Tiroler Nationalsängergesellschaften“ mit Krachledernen und Tirolerhut quer durch Europa zogen. Charakteristisch für solch „Alpengesänge“ sind der Dreiertakt, eine einfache und eingängige Melodik und häufige Dreiklangsbrechungen, mit denen auch die Variationen von Buot arbeiten. Nach einer etwas längeren Introduktion im Largo-Tempo blüht bald ein alpenländisches, Carl-Zellers Vogelhändler nahes Thema auf, worauf vier zum Teil brillant zu spielende Variationen mit dazwischen geschobenen Coup­lets und Miniatur-Kadenzen folgen. Die Coda nimmt das Thema wieder auf und schließt mit einem zünftigen Presto.
Das Stück ist mit einem gewissen Übeaufwand relativ schnell zu bewältigen. Dabei kommt es auch auf das gewählte Tempo an, insbesondere für die vierte „Allegro-Brillante-Variation“, die etwas mehr technisches Geschick braucht. Der Tonumfang hält sich in normalen Grenzen in gut zwei Oktaven zwischen dem kleinen h im Andante und dem dreigestrichenen d in der zweiten Variation.
Werner Bodendorff