Müller, Mario

Und es geht doch…

Die Umstellung der Musikschule von freien Dozenten auf fest­ angestellte Lehrkräfte ist möglich

Rubrik: musikschule )) DIREKT
erschienen in: üben & musizieren 5/2017 , musikschule )) DIREKT, Seite 05

Im Zuge der anhaltenden Diskussionen über Festanstellungen an Musikschulen hat sich Mario Müller, Inhaber einer frei­en Musikschule in Bonn, entschieden: An seiner Musikschule wird es künftig nur noch fest angestellte Lehrkräfte geben.

Seit dem 1. April 2017 ist die Diskus­sion über Scheinselbstständigkeit von DozentInnen an Musikschulen wieder voll ent­brannt, denn seit diesem Tag gibt es einen neuen Paragrafen im BGB (611a), der das Arbeitsverhältnis klarer definiert. Diese Definition ist zwar nicht vollkommen neu, aber sie regt nun doch sehr eindeutig dazu an, über die Arbeitsverhältnisse in Musikschulen genau nachzudenken. Für die Prüfung der Rentenversicherung ist es unerheblich, ob der Vertrag mit „Honorarvertrag“ oder „Arbeitsvertrag“ überschrieben ist; wichtig ist, wie das Arbeitsverhältnis gelebt wird. Genau diesen Sachverhalt schaut sich die Rentenversicherung nun genauer an und befragt hierzu auch die DozentInnen. Allerdings ist es durch das Gesetz leider nicht gelungen, eindeu­tige Richtlinien zu bekommen, wann eine Lehr­kraft frei oder angestellt ist. Jeder Fall muss nach wie vor individuell geprüft werden.

Neue Unternehmensstruktur

Ich betreibe seit 1989 gemeinsam mit mei­­ner Ge­schäfts­partnerin Andrea Kuchenbuch ­„Marios Musikschule“, die seit vier Jahren als gemeinnützige GmbH firmiert. Durch den Zukauf von zwei Musikschulen sind wir sehr stark gewachsen und brauchen aus diesem Grund nun eine neue Struktur im Unternehmen. Im Zuge dessen haben wir uns darüber Gedanken gemacht, wie wir zukünftig mit unseren LehrerInnen zusammenarbeiten möchten.
Wir legen in unserer Musikschule großen Wert auf qualitätvollen Unterricht und auf Alleinstellungsmerkmale, mit denen wir uns von den Mitbewerbern vor Ort unterscheiden. „Marios Musikschule“ vertritt daher ein eindeutiges Unterrichtskonzept: Wir haben diverse Unterrichtsprogramme mit Lehrplänen wie beispielsweise Rockschool, ABRSM oder unser eigenes Unterrichtsprogramm Mamu-Play. Teamarbeit unter den Lehrkräften ist uns ebenso wichtig wie ein gut funktionierender Kundenservice. Damit wir all dies umsetzen können, ist es nötig, Weisungen an Lehrkräfte zu geben, was bei freien Mitarbeitern nicht möglich ist. Somit haben wir uns entschlossen, alle DozentInnen in feste Arbeitsverhältnisse zu übernehmen.

Konkrete Umsetzung

Seit dem 1. August hat „Marios Musikschule gGmbH“ nun 25 feste Angestellte und drei DozentInnen in einem freien Arbeitsverhältnis, die für Vertretungen zur Verfügung stehen. Eine solche Personalumstellung bedeutet für unsere Musikschule auf der einen Seite eine neue Kostenstruktur und auf der anderen Seite eine neue Führungsstruktur. Unser Team ist durch die neuen Verträge kleiner geworden, da viele DozentInnen sich nun für uns als Arbeitgeber entschieden haben und somit an zusätzlichen Tagen bei uns unterrichten.
Unsere angestellten Musiklehrkräfte werden nun nicht mehr pauschal für einen Schüler oder eine Gruppe bezahlt, sondern nach Anwesenheit in der Musikschule. Dies umfasst Lehrerbesprechungen, Schülerkonzerte und auch öffentliche Auftritte oder Probestunden. Für die Musikschule bedeutet dies, dass z. B. Schülerkonzerte zukünftig gegenfinanziert werden müssen. Eine weitere finanzielle Auswirkung ist, dass auf das Bruttogehalt noch einmal ca. 21% Sozialabgaben (Arbeitnehmeranteil) kommen. Die Abgaben an die Künstler­sozialkasse entfallen jedoch, sodass die Mehrbelastung für die Musikschule rund 17% beträgt. Diese Mehrbelastung haben wir uns mit den Lehrkräften kalkulatorisch geteilt, da diese als Arbeitnehmer nun auch Urlaubsanspruch und Anspruch auf Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall haben und somit ebenfalls von der Umstellung profitieren.

Noch mehr Vollzeitstellen

Eine Herausforderung für die Zukunft ist, dass wir mehr Vollzeitstellen schaffen möchten. Dazu benötigen wir weitere Kooperationen mit Kitas und Schulen, in denen man schon am Vormittag unterrichten kann, oder Unterrichtsprogramme für ältere Erwachsene, die dann in der Musikschule ebenfalls am Vormittag stattfinden können. Diese Herausforderung werden wir jedoch nicht alleine lösen können, sondern nur gemeinsam mit der Politik und den Kommunen. Langfristig müssen wir dafür sorgen, dass Musikunterricht wieder eine deutlich höhere Wertigkeit erhält und damit der Beruf des Instrumentallehrers wieder attraktiv wird.
Durch unsere Entscheidung erhoffen wir uns eine engere Bindung der MitarbeiterInnen an unser Unternehmen und somit auch eine noch größere Zufriedenheit unserer KundInnen.