Rota, Nino

Valzer

für Klavier, hg. von Adriano Cirillo

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2010
erschienen in: üben & musizieren 2/2011 , Seite 62

Die Musikgeschichte muss nicht jedes Mal umgeschrieben werden, wenn posthum Werke eines Komponisten auftauchen, aber die praktizierenden MusikerInnen freuen sich immer über Bereicherungen ihres Repertoires. Oft genug sind es Gelegenheitswerke, die an unvermuteter Stelle wieder zutage treten, kleine Widmungsstücke und Albumblätter, die sich weitervererbt haben, oder Studienwerke, die in Schülerhand erhalten geblieben sind.
In etwa so steht es wohl mit Entstehung und Überlieferung des hier erstmals im Druck vorliegenden Valzer für Klavier aus der Hand von Nino Rota, den man gemeinhin nur als Komponisten von Filmmusik kennt, obwohl er auch zahlreiche Opern, Ballettmusiken, Sinfonien und Konzerte, dazu Chorwerke, Klavier- und Kammermusik geschaffen hat.
Der Herausgeber des Valzer, der italienische Dirigent, Pianist und Komponist Adriano Cirillo, entdeckte dieses Klavierstück in seinen eigenen alten Notenbeständen, die noch aus der Zeit stammen, als er Schüler Nino Rotas war: „Vor einiger Zeit, als ich mein altes Übungsheft mit Studien zum Kontrapunkt durchblätterte, fand ich die Kopie eines Manuskripts eines Klavierstücks von Nino Rota. Es handelte sich um einen Walzer mit der Widmung ‚Der verehrten Signora Giovanna Albano Sottomano als Geschenk von Herzen. Bari, 2. Juli 1945.‘“
In der vorliegenden Edition hat der Herausgeber gegenüber der Quelle nach eigenen Angaben ein paar Schreibfehler korrigiert und einige – nicht näher gekennzeichnete – unleserlich gewordene Stellen sinnvoll ergänzt.
In diesem 114 Takte langen und vier Druckseiten einnehmenden E-Dur-Walzer beschwört Rota ganz gezielt die Salonmusik des 19. Jahrhunderts, den Geist Chopins und seiner Nachahmer. Eleganz und Noblesse des Tonfalls verbinden sich mit schmachtenden Vorhaltsbildungen in der Melodik, der mittelschwer zu spielende Klaviersatz ist wirkungsvoll weiträumig angelegt und auch weitgriffig, wobei die Akkorde häufig in Arpeggien aufgelöst sind.
Eine einfache Steigerungsdramaturgie liegt dem Stück zugrunde, das „lento“ und „cantabile“ beginnt, bevor es in ein „Piú mosso“ mündet. Dieses wiederum fungiert als Übergang zu einem leicht fließenden „Quasi presto“. Stauende Hemiolenbildungen bereiten eine Wiederkehr der Anfangsmelodie in ­akkordischer Verbreiterung vor („armonioso“), die aber keineswegs auftrumpft, sondern weitgehend im Piano verbleibt und mit einer luftigen Akkordbrechung ins Nichts verschwindet.
Gerhard Dietel