Mozart, Franz Xaver Wolfgang
Variationen über den Marsch aus “Aline”
für Sopranblockflöte (Querflöte, Oboe, Violine) und Klavier, Erstdruck, hg. von Nikolaj Tarasov und Helmut Schaller
Dass Wolfgang Amadeus Mozart Kinder hatte, ist uns heute nur noch partiell bewusst. Denn während bei anderen Komponisten die Kinder im Lebenslauf immer wieder auftauchen und Einfluss nehmen (man denke nur an Bach oder Wagner), spielten die (überlebenden) Kinder Mozarts zumindest zu Lebzeiten des Vaters keine große Rolle: Carl Thomas, 1784 geboren, wird kaum einmal in einer Briefstelle erwähnt und Franz Xaver Wolfgang Mozart war erst fünf Monate alt, als sein Vater 1791 starb.
Doch obwohl beide Söhne die Musikerlaufbahn einschlugen (wenn auch Carl nur kurzzeitig), sind sie auch als Komponisten so gut wie unbekannt geblieben. Franz Xaver Wolfgang, der sich Zeit seines Lebens am liebsten „W. A. Mozart Sohn“ nannte, wurde in Wien unter anderem von Salieri, Hummel und Albrechtsberger unterrichtet und trat dann als Klavierlehrer in den Dienst einer Lemberger Adelsfamilie. Abgesehen von einer dreijährigen Konzertreise quer durch Europa verblieb er bis 1838 in der galizischen Stadt, kehrte dann nach Wien zurück und starb 1844 während einer Kur in Karlsbad.
Das Drama seines Lebens scheint sein durch das Werk seines Vaters geprägter Anspruch an sich selbst gewesen zu sein, jedenfalls schrieb Franz Grillparzer in einem Nachruf auf ihn: „Und wars zu schaffen dir gelungen, / Was manchen andern hoch geehrt, / Du selbst verwarfst es, kaum gesungen, / Als nicht des Namens Mozart wert“.
Die hier vorliegenden vier Variationen über einen Marsch aus der seinerzeit wohlbekannten Oper Aline, Reine de Golconde von Henri-Montan Berton schrieb Franz Xaver wohl ursprünglich 1812 für Flageolett, ein Instrument in 4-Fuß-Lage; insofern dürfte heute eine Aufführung mit Sopranblock- oder auch Piccoloflöte am nächsten an die Absichten des Komponisten heranreichen. Theoretisch ist auch eine Ausführung mit anderen Sopraninstrumenten möglich, doch da die rechte Hand des (durchaus selbstständig) begleitenden Klavierparts ungewöhnlich hoch liegt (bis zum c”” und immer wieder über lange Passagen in der dritten Oktave), ist der Zusammenklang mit einem 4-Fuß-Instrument naturgemäß schöner. Musikalisch erinnern die Stücke ein wenig an Vater Mozart, sind jedenfalls harmonisch noch deutlich eher in der Klassik, im frühen Biedermeier angesiedelt als in der Romantik.
Der Blockflötenpart der Variationen ist sicherlich nichts für Anfänger, aber auch nicht übermäßig anspruchsvoll. Zwar sind einige flotte Läufe zu meistern, doch steht alles in G-Dur und liegt damit gut in der Hand. Etwas anspruchsvoller ist der Klavierpart, der einige recht virtuose Passagen aufweist, aber auch diese Partie ist für einen fortgeschrittenen Schüler gut machbar. Flöten- und Klavierpart ergänzen sich dabei musikalisch, spielen sich gegenseitig die Melodie zu und nehmen abwechselnd die Begleitposition ein.
Andrea Braun