Weber, Carl Maria von
Variationen über ein Thema aus Samori B-Dur op. 6
für Klavier, Violine und Violoncello ad lib., Partitur und Stimmen
Für ein dreiviertel Jahr war der erst 17 jährige Carl Maria von Weber zwischen September 1803 und Mai 1804 in Wien Schüler des arrivierten Komponisten und Pädagogen Abbé Vogler (1749-1814), der zwischen Verpflichtungen in Prag und Darmstadt für vier Jahre in der österreichischen Hauptstadt lebte. Fast zeitgleich mit Voglers Oper Samori oder Der verdrängte Prinz, im Mai 1804 in Wien uraufgeführt, entstanden auch die B-Dur-Variationen seines jungen Schülers Weber über die Arie der Naga „Woher mag dies wohl kommen? Mir fehlt die Essenslust“.
Wie Andreas Fukerider, der Herausgeber dieser praktischen, dem Text der Weber-Gesamtausgabe folgenden Edition im Vorwort ausführt, gibt es zahlreiche Hinweise darauf, dass der gestrenge Vogler, der bereits 1776 in Mannheim sein Theoriewerk Tonwissenschaft und Tonsetzkunst veröffentlicht hatte, die Komposition dieser Variationen nicht nur angeregt, sondern ihre Ausführung auch im Detail überwacht hat.
Möglicherweise stammen die ad libitum ausführbaren Stimmen von Violine und Cello sogar von Vogler selbst, der fünf weitere Variationenzyklen über seine Oper in der nämlichen, genretypischen Klaviertriobesetzung verfasste und Webers Beitrag in diesen Zyklus einpassen wollte. Da es sich bei den Streicherstimmen weitestgehend um Doublierungen aus dem Klaviersatz handelt, ist das vorliegende Werk aber auch verlustarm für Klavier allein ausführbar.
Dem volksliedartigen, naiven Thema im Alla-breve-Andante folgen ohnehin zunächst zwei ausschließlich dem Klavier zugedachte Variationen, eine in geläufigen Sechzehntel-Umspielungen („con grazia“), die andere in chromatisierten Achtel-Varianten des Legato-Themas. Variation 3, nunmehr wieder mit fakultativer Streicherassistenz, führt eine spritzige Achteltriolen-Bewegung der linken Hand ein, während Variation 4 „poco più Adagio“ die gefühlvolle Seite des Themas hervorhebt.
Die brillanten Sechzehntel der wieder rein pianistischen 5. Variation, „forte e con brio“, entfalten bereits finale Aspekte, doch schiebt Weber noch eine „Marcia funebre“ in b-Moll als Variation 6 ein; hier greift er eine entsprechende tonale Veränderung der Vogler’schen Originalarie auf, die sich an dieser Stelle trauervoll artikuliert: „Mein Aug schwimmt dann in Tränen“. Eine kurze Rückleitung nach B-Dur führt zu einer Allegro-Schlussvariation im 6/8-Takt, „Coda“ überschrieben.
Im pianistischen Aufwand hält sich dieses frühe Weber-Werk gegenüber späteren Stücken deutlich zurück, bietet aber vor allem jungen Klavierspielern ein spielfreudiges, in Ansätzen virtuoses Betätigungsfeld in wohlklingendem Satz. Mit Ausnahme einiger Doppelgriffe für die Violine in der Coda halten sich die streicherischen Aufgaben in bescheidenen Grenzen und ermöglichen so einen Einsatz im Schülerbereich.
Rainer Klaas