Grebosz-Haring, Katarzyna / Simone Heilgendorff / Martin Losert (Hg.)

Vermittlung zeitgenössischer Musik

Mediating Contemporary Music

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Schott, Mainz 2020
erschienen in: üben & musizieren 5/2020 , Seite 61

Die Vermittlung zeitgenössischer (Kunst-)Musik hat sich bis zum Ende des 20. Jahrhunderts zu einem eigenständigen Bereich innerhalb der Konzertpädagogik spezialisiert. Das Spektrum umfasst neben Formaten einer theoretischen Wissensvermittlung auch praktische Zugänge. Seit Anfang des 21. Jahrhunderts kommt es zu einer Etablierung als eigenständige Wissenschaftsdisziplin. Typische Merkmale wie Interdisziplinarität, Heterogenität und das spartenübergreifende Arbeiten spiegeln sich in der Veröffentlichung wider.
Der Sammelband fasst in drei großen Kapiteln den aktuellen Stand der Vermittlung zeitgenössischer Musik in Praxis, Reflexion sowie Dokumentation zusammen.
Einen Schwerpunkt bilden die Ergebnisse des Programmbereichs „ConTempOhr“ Salzburg von 2014 bis 2019 (Simone Heilgendorff). In diesen fünf Jahren gab es eine interuniversitäre Kooperation „Wissenschaft & Kunst“ zwischen der Paris-Lodron-Universität Salzburg und der Universität Mozarteum Salzburg. Ziel war es, Musikvermittlungsprojekte an der Schnittstelle zwischen Ausbildung und Praxis mit unterschiedlichen Perspektiven wissenschaftlich zu begleiten.
Die vielfältigen Ergebnisse halten für alle aktiven MusikvermittlerInnen interessante Neuigkeiten bereit. Dabei findet die Publikumsperspektive aus der Festivalpraxis (Bernhard Günther) genauso Berücksichtigung wie die Vermittlungsarbeit zeitgenössischer Musik aus Sicht einer Komponistin (Manuela Kerer). Erfahrungen aus dem Hochschulbereich stellt Angelika Luz vor, während das Themengebiet der Improvisation von Matthias Schwabe beleuchtet wird. Zahlreiche AutorInnen liefern interessante Praxisbeispiele aus anderen Ländern (Maria Stoklosa, Larisa Vrhunc, Claudius von Wrochem, Laura Carmichael und Paulina Celinska).
Impulse für die schulische Musikvermittlung gibt Andreas Bernhofer, indem er fragt, was die schulische Musikpädagogik von der Musikvermittlung lernen kann. Die derzeitige Situation des Onlineunterrichts in der Corona-Krise beweist die Wichtigkeit dieser Thematik. Katarzyna Grebosz-Haring wagt einen innovativen Exkurs in den Bereich der Soziologie an Beispielen aus der Festivalpraxis. Die Möglichkeiten Neuer Musik, offene Hörsituationen zu schaffen, beleuchtet Matthias Handschick als große Chance und Herausforderung aus gestaltpsychologischer Perspektive. Den Potenzialen zeitgenössischer Musik für elementar-musikalische Bildungsprozesse widmet sich ­Anna Maria Kalcher in ebenso überzeugender Weise. Martin Losert wirkt nicht nur als Autor, sondern zudem als Moderator in Gesprächen mit Achim Bornhöft, Stephan Winkler und Reinhard Febel, ebenso wie Simone Heilgendorff im Gespräch mit Christian Ofenbauer.
Die Vielfalt der Beiträge ist bestechend – und das Buch unbedingt lesenswert!
Ulrike Schwanse