Bach, Johann Sebastian

Vier Sonaten / Drei Sonaten

für Flöte und Basso continuo/obligates Cembalo BWV 1034, 1035, 1030, 1032, arr. für zwei Flöten / für Flöte und Basso continuo/obligates Cembalo BWV 1033, 1031, 1020, arr. für zwei Flöten

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Bärenreiter, Kassel 2024
erschienen in: üben & musizieren 2/2025 , Seite 63

„Studiert Bach, dort findet ihr alles.“ Man kann es wohl kaum besser als mit Brahms’ Worten ausdrücken! Nun ist aber gerade das Studium der Flötensonaten auch für die fortgeschrittene Schülerin ein komplexes Unterfangen, zudem braucht man einen guten Pianisten, der mit einem in das kammermusikalische Zwiegespräch startet. Was tun, wenn man ohne Pianisten staunen möchte?
Hier nun setzt Cathrin Ambach mit ihren Bearbeitungen der  Flötensonaten an: Sie arrangiert mit Geschick und Blick für wesentliche kompositorische Eigenheiten die Sonaten als Flötenduette. Der Solo-Part der Querflöte bleibt dabei unverändert, die zweite Flöte übernimmt essenzielle musikalische Aspekte aus dem Cembalo/Basso continuo-Part. Das ist natürlich nicht dasselbe wie die Originalversion, aber durchaus praxistauglich. Die Bearbeitungen sind gut durchdacht, vereinen vom Denken her Grundsätzliches musikalisches Material der Sonaten in den Flötenduett-Dialog und erweitern so die Möglichkeiten, die Flötensonaten im Unterricht zu erarbeiten.
Natürlich ist nicht alles flötistisch gleichermaßen sinnvoll; so sei exemplarisch die Sonata BWV 1030 mit obligatem Cembalo ausgewählt: Hier hat das Tasteninstrument nicht eine reine akkordische Begleitrolle, sondern steht voll ausgeschrieben der Flöte gleichberechtigt gegenüber. Die hier in die 2. Flöte übertragene Linie ist zwangsläufig eine Melange aus harmonisch-melodischem Denken, die aber hörbar nicht instrumentenspezifisch ist. Das nimmt im Andante dem Originalpart ein wenig den majestätischen Fluss, verändert deutlich den Charakter der kompositorischen Anlage. Dem Presto bekommt dieses Arrangement wieder sehr gut – es eröffnet einen anderen Blickwinkel, der den Flötenduetten etwa von Wilhelm Friedemann Bach nahesteht: Gibt man der dadurch veränderten Denkweise unabhängig vom Original eine Chance, erhält man neue spannende interpretatorische Möglichkeiten, die sicher auch Konzerte bereichern können.
Der Druck ist in der Dimensionierung großzügig und soweit möglich umblätterfreundlich, überflüssige Zeichen werden vermieden: Cathrin Ambach orientiert sich an den Einzeichnungen der Urtext-Ausgabe.
Sicher lässt sich durch diese spannende Duettform bei der Erarbeitung der Sonaten die Schwelle zum Bach’schen Kosmos senken – können diese Duette doch im Unterricht in vertrautem Umfeld musiziert werden und so den Blick auf das Wesentliche ermöglichen, der in der kammermusikalischen Auseinandersetzung mit einem nicht vertrauten Pianisten vielleicht durch Anfangsnervosität überlagert wird.
Christina Humenberger