Birtel, Wolfgang
Viola Arrangements
6 berühmte Stücke für 4 Violen, Partitur und Stimmen
Wer gern über den Tellerrand des eigenen Musizierens hinausschaut und sich nach Originellem, Unterhaltsamem oder Entlegenem umsieht, ist vielleicht schon einmal auf Wolfgang Birtel gestoßen. Seit über 30 Jahren ist er nicht nur als Musiker, sondern auch als Musikjournalist, -wissenschaftler, -dokumentar und -herausgeber tätig. Besonders erfolgreich sind seine zahllosen Arrangements meist populärer klassischer Salon-Stücke für alle erdenklichen Besetzungen: Allein von Kurt Noacks unverwüstlichem Charakterstück Heinzelmännchens Wachtparade sind im Schott-Katalog mittlerweile nicht weniger als elf verschiedene Versionen zu finden.
Das Dutzend voll macht nun eine Fassung für vier Bratschen, die in einer kleinen, aber feinen Sammlung von Viola-Arrangements zusammen mit fünf weiteren ausgewählten Bearbeitungen „berühmter Stücke“ für diese unkonventionelle Besetzung enthalten ist. Die Zusammenstellung macht aus ihrem halbseidenen Touch keinen Hehl, bewegt sich aber durchaus stilsicher im Grenzbereich zwischen Kitsch und Kunst: Neben den erwähnten Heinzelmännchen finden sich noch Bachs zeitlose Air, Gossecs (nicht nur bei Suzuki-Schülern beliebte) Gavotte, Martinis Ohrwurm Plaisir d’amour (der noch Elvis Presley zu einer Cover-Version inspirierte), Chopins Mazurka op. 68/2 (in diesem Zusammenhang eine eher unerwartete Wahl) sowie Elgars süffiger Schmachtfetzen Salut d’amour op. 12.
Als Bratschen-Quartett klingen diese klassischen Evergreens gleich vierfach sonor, und es war sicherlich auch ein Anliegen des „gelernten und bekennenden Bratschers“ Wolfgang Birtel, das doch sehr schmale Repertoire für diese Besetzung durch ein paar handfeste Hit-Bearbeitungen zu erweitern. Fürs persönliche Plaisir unter Freunden sind sie jedenfalls ebenso geeignet wie zur Unterrichtsstunde im Ensemblespiel. Die erste Stimme bewegt sich zwar zumeist doch eher in höheren Geigen-Regionen und braucht daher einen entsprechend sattelfesten Primarius. Die drei unteren Partien sind dagegen alle ziemlich einfach gehalten und so auch von SchülerInnen, die das erste Anfänger-Stadium (und die erste Lage) hinter sich gelassen haben, ohne größere Probleme zu realisieren.
Durch pfiffigen Stimmentausch bekommen aber auch die Unterstimmen immer wieder kurzzeitig Führungsaufgaben, sodass die leicht monotoniegefährdete Aufgabenverteilung zwischen Melodie und Begleitung geschickt aufgebrochen wird. Auch das Ohr wird en passant geschult: Tonal muss man sich schon mal in g-Moll (bei Chopin) oder f-Moll (bei Martini) einhören, auch chromatische Linien oder Harmonik der Originale (bei Bach bzw. Elgar) bleiben weitestgehend erhalten.
Technisch lässt die Ausgabe keine Wünsche offen: Zum moderaten Preis bekommt man nicht nur vier groß und übersichtlich gedruckte Stimmhefte, sondern auch eine perfekt gesetzte Partitur, die bis ins Detail mit den Stimmen übereinstimmt.
Joachim Schwarz