Schäfer, Kundri Lu Emma

ViolinZirkus

Aktionskarten für Violine und Viola

Rubrik: Noten
Verlag/Label: www.violinzirkus.de, 2018
erschienen in: üben & musizieren 2/2019 , Seite 60

Jede Lehrkraft weiß, wie wichtig Üben für den Erfolg auf dem Ins­t­rument ist. Zugleich ist hinreichend bekannt, dass nicht stures Repetieren beim Üben den meisten Erfolg verspricht, sondern sinnvolle, kleine Übeeinheiten mit rotierender Aufmerksamkeit (vgl. Gerhard Mantel) am effektivsten sind. An diesem Punkt setzen die Aktionskarten aus dem Violinzirkus von Kundri Lu Emma Schäfer an.
Das ursprünglich aus ihrer Masterarbeit im Fach Bratsche an der Universität Mozarteum in Salzburg entstandene Kartenspiel möchte auf spielerische Weise ein Repertoire an sinnvollen Übe­mustern für Geige bzw. Bratsche vermitteln. Das Spiel umfasst 54 zweisprachige, in Deutsch und Englisch verfasste Karten mit Handlungsanweisungen und drei Karten zur Spielanleitung. Die Aktionskarten unterteilen sich in die Kategorien „Akrobatik und Kreativität“, „Charaktere und Klangfarben“ sowie „Technik und Genauigkeit“.
Aufgabe des Übenden ist es, eine Karte aus einem der drei Stapel zu ziehen und die Anweisung an einer Passage des aktuellen Stücks auszuführen. Die Karten zu „Akrobatik und Kreativität“ enthalten z. B. die Anweisungen, auf einem Bein stehend oder im Liegen zu spielen. Die Aktionskarten zu „Charaktere und Klangfarben“ reichen vom Spielen in vier Geschwindigkeitsstufen oder in verschiedenen dynamischen Abstufungen bis hin zum Spielen in unterschiedlichen Ausdrucksformen wie dolce oder misterioso. Die Kategorie „Technik und Genauigkeit“ befasst sich überwiegend mit der Bogenhand. So soll man seine Aufmerksamkeit unter anderem auf den Bogengriff oder die gerade Strichführung richten oder die Passage in verschiedenen Bogenhälften streichen.
Der Violinzirkus ist laut Autorin für Kinder wie auch Erwachsene und Profis im Alter von 4 bis 99 Jahren geeignet. Positiv ist sicher der Gedanke, Kindern mit Hilfe des Spiels das Üben mit rotierender Aufmerksamkeit näher zu bringen. Auch das Überraschungsmoment beim Ziehen einer Karte motiviert zweifellos insbesondere Kinder zum mehrmaligen Üben einer schwierigen Stelle. Schließlich ist hervorzuheben, dass die jungen Geiger und Bratscher musikalische Fachbegriffe in Wort und Bild sehen und gleich aktiv umsetzen: musikalisches Lernen mit allen Sinnen!
Zu hinterfragen ist jedoch, ob die Zielgruppe wirklich so weit gespannt werden sollte. Einzelne Karten überfordern AnfängerInnen, wie etwa die Aufforderung, die Übepassage im spiccato-Strich zu spielen. Umgekehrt wird es Profis verwundern, wenn der Auftrag lautet: „Streiche nur die richtige Saite! Berühre keine anderen Saiten!“ Schade, dass die Autorin mit dem Hinweis, man könne auch die Anweisungen von mehreren Karten gleichzeitig ausführen, vom Prinzip des Übens mit rotierender Aufmerksamkeit abweicht. Insgesamt bietet der Violinzirkus aber eine erfrischende Möglichkeit, Üben spielerisch zu gestalten.
Gabriele Hirte