Wagner, Iris
Vom Pre-College zum Start up
Innovative Ensemblekultur an der Universität Mozarteum
Das an der Universität Mozarteum breite inter- und transdisziplinäre, künstlerische Ensembleangebot auf höchstem Niveau bereitet den Boden für künstlerische Arbeit, auch abseits gewohnter Pfade.
Pre-College mit „Bella Musica“
Die Förderung lebendiger Ensemblekultur beginnt an der Universität Mozarteum bereits bei den jüngsten Studierenden im Pre-College. Das Kammerensemble „Bella Musica“ vereint junge Studierende aus Österreich, Italien und Deutschland, die in den Sommermonaten gemeinsam Kammermusik und Orchesterwerke einstudieren und diese im In- und Ausland auf die Bühnen bringen. Als „Junge Botschafterinnen der Europäischen Mozartwege“ folgen die TeilnehmerInnen den Fußstapfen des Meisters quer durch Europa. Diese Reisen sind mehr als nur Konzerttouren – sie sind kulturelle Entdeckungsreisen, die den jungen KünstlerInnen ermöglichen, das musikalische Erbe Europas hautnah zu erleben und in ihre eigene künstlerische Entwicklung zu integrieren. Das Ziel ist, nicht nur instrumentale Fähigkeiten junger KünstlerInnen zu perfektionieren, sondern ganzheitliche KünstlerInnenpersönlichkeiten zu fördern.
Beispiele nennt der Leiter Stefan David Hummel: „Stellen Sie sich vor, junge MusikerInnen liegen im Probenraum, lauschen der Stille und den Klängen eines sogenannten ‚Sonic Guide‘ aus ihrer Mitte. Der ausgewählte ‚Sonic Guide‘ präsentiert frei ein Repertoirestück oder eine Improvisation. Als ‚Sonic Explorers‘ nehmen die anderen jede Nuance wahr, entwickeln eine tiefe Verbindung zur Musik und schärfen ihre auditive Wahrnehmung auf eine Weise, die in traditionellen Proben oft vernachlässigt wird. Diese Szene im ‚Sonic Laboratory‘ des Probenraums macht Musik ‚von innen‘ erlebbar, fördert auditive Sensibilität und kultiviert darüber hinaus auch Ensemblegeist.“
„Bella Musica“ setzt zudem auf die Integration von Körperbewusstseinsübungen, z. B. nach Moshe Feldenkrais. Diese Methode hilft den MusikerInnen, eine verbesserte Körperwahrnehmung zu entwickeln, was sich direkt auf ihre Spieltechnik auswirkt. Darüber hinaus wird auf die Einbindung von Gesang und anderen künstlerischen Ausdrucksformen wie expressives Zeichnen wert gelegt. Musikalische Erfahrungen visuell auszudrücken, soll ihre Kreativität und emotionale Verbindung zur Musik fördern.
Ensemblearbeit im Kontext zeitgenössischer Musik
Rund 50 KomponistInnen, DozentInnen, InstrumentalistInnen, SängerInnen und Dirigierstudierende aus aller Welt erarbeiten im Rahmen von ARCO, der 2019 ins Leben gerufenen österreichisch-französischen Akademie für zeitgenössische Komposition, jährlich gemeinsam mit drei renommierten französischen Ensembles eigens für die Akademie komponierte Werke und bringen sie unmittelbar zur Aufführung.
„Vor allem im Bereich der zeitgenössischen Musik ist es wesentlich, neu komponierte Werke gemeinsam mit den MusikerInnen zu erarbeiten, sie in Proben wachsen zu lassen“, so Kai Röhrig, Professor für Musikdramatische Darstellung. „Für alle Mitwirkenden ist dieser Schaffungsprozess ein besonderer, er stellt einen intensiven Dialog auf allen Ebenen dar und setzt ein grundlegendes gemeinsames Verständnis voraus. Zeitgenössische oder neue Musik lebt daher besonders von ihrer Vermittlung und den Ensembles, die sich ihr vollkommen widmen.“
Leona Rajakowitsch, Flötistin und Gründungsmitglied des Ensembles für zeitgenössische Musik der Universität Mozarteum, bekräftigt das Potenzial, das sich aus der besonderen Notwendigkeit zum intensiven Dialog ergibt. Sie sieht darin u. a. die Möglichkeit, die musikalische Persönlichkeit aller Beteiligten noch besser kennenzulernen.
A (one-year) Start Up for Ensemble(s)
Die Gründung und Profilierung eines neuen Ensembles zählen zu den anspruchsvollsten und gleichzeitig reizvollsten Herausforderungen von MusikerInnen. Viele weltweit erfolgreiche Ensembles haben sich in der Studienzeit formiert und damit den Grundstein für eine internationale Karriere gelegt. Durch bestehende Studienangebote allein kann eine Universität dafür jedoch nur bedingt Anreize setzen und Rahmenbedingungen bereitstellen. Daher stellt „The International Society of Mozarteum University Salzburg“ u. a. ein „A one-year Start Up for Ensemble(s)“ bereit. Dabei handelt es sich um ein Stipendium, das die Realisierung konkreter künstlerischer, innovativer Ensemblevorhaben ermöglicht. Ziel ist es, die Gründung von Ensembles, deren künstlerische Entwicklung und Karriere zu fördern und den Mitgliedern Anlässe wie Räume zur Entwicklung zu bieten. Im Jahr 2024 konnten insgesamt 41 KünstlerInnen in zehn Ensembles vom Ensemble-Stipendium profitieren.
https://www.moz.ac.at/de/ueber-uns/mediathek/2024/bella-musica-2024