© Johannes Knop

Schlothfeldt, Matthias

Von Elfen, Trollen und Drachen

Melodiekomposition im Instrumentalunterricht

Rubrik: Praxis
erschienen in: üben & musizieren 4/2019 , Seite 32

Damit der Instrumentalunterricht sich nicht auf das Erlernen fertiger Stücke beschränkt, sollten Komponie­ren und Improvisieren feste Bestand­teile des Unterrichts sein. Das Musik­erfinden sollte mit instrumental­pädagogischen Inhalten zusammenhängen und immer wieder angeregt werden. Bei den ­folgenden Übungen zur Erfindung von Melodien und kleinen Kompositionen können einzelne Aufgaben für den jeweiligen Unter­richt ausgewählt werden. Sie sind für fast alle Melodie- und Akkordinstru­mente geeignet.

Ob Kinder, Jugendliche oder Erwachsene – viele SchülerInnen erfinden gerne eigene Mu­sikstücke. Die Erfahrung zeigt, dass sie, wenn sie einmal angefangen haben, oft gar nicht mehr damit aufhören oder sogar zu jeder Stunde neue Stücke mitbringen. Das setzt voraus, dass sie einmal mit Improvisation und Komposition in Berührung gekommen sind und damit positive Erfahrungen gemacht haben. Denn Ideen haben gerade Kinder und Jugendliche eigentlich immer.
Wird bereits früh solch kreatives Gestalten initiiert, ist die Chance größer, dass die SchülerInnen rasch einen angemessenen Zugang zu ihrem Instrument finden und besonders intensiv Musik lernen. Komponieren im Instrumentalunterricht ist nicht etwa Zeitvergeudung, sondern spart erfahrungsgemäß wertvolle Unterrichtszeit. Schon in den ersten Stunden können SchülerInnen, die ihr frisch gewähltes Instrument ausprobieren, erste musikalische Gestaltungen vornehmen. Mit den Klängen, die sie auf dem Kopfstück oder dem Mundstück, mit einer oder mehreren leeren Saiten, mit dem eigenen Körper und dem des Instruments entdecken, können Klanggeschichten und Musikstücke ersonnen werden.
Meistens erinnern die Klänge die SchülerInnen an etwas aus dem Alltag Bekanntes. Man kann sie aber auch andersherum einmal Alltagsklänge, die sie umgeben, auf ihrem Inst­rument suchen lassen.1 Danach werden die gefundenen Klänge zum Beispiel wiederholt, von neuen Klängen abgelöst, kehren am Ende wieder – so werden bereits kleine musika­lische Formen gestaltet. Es bietet sich an, SchülerInnen aufzufordern, ihr Stück zu notieren. Dazu verwenden sie die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel, nämlich Zeichen und Symbole, die sie für geeignet halten. In Abbildung 1 hat eine sieben Jahre alte Schülerin in der ersten Unterrichtsstunde auf dem Kopfstück der Querflöte verschiedene Klänge gefunden und damit das Stück Vogelzwitschern gestaltet. Schlangenwanderung und Geburtstagsparty brachte sie zur nächsten Unterrichtsstunde mit.2

Wenn die Notenschrift bereits Thema war, kann sie zum Aufschreiben von Tönen auch verwendet werden. Ob die Einführung grafischer Notationsweisen gerade angemessen oder zu umständlich ist, hängt von der konkreten Unterrichtssituation ab. Das Notieren dient nicht nur dem Zweck, sich das Stück merken und es wiederholen zu können, sondern auch dem, daran instrumentaltechnisch zu arbeiten. Durch die Arbeit an den Schülerkompositionen werden diese auch angemessen gewürdigt.

Gestaltung mit einem oder zwei Tönen

Auch mit dem ersten erlernten Ton lässt sich ein eigenes Musikstück gestalten. Dabei kom­men unwillkürlich weitere musikalische Eigenschaften in den Blick: in erster Linie natürlich Rhythmus und Metrum. Die Zeit kann frei fließen oder die SchülerInnen wählen ein Metrum bzw. eine Taktart. Der Ton kann kurz oder lang, laut oder leise, lauter oder leiser werdend gespielt werden etc.3 Mit zwei Tönen werden bereits Melodien gebildet. Soll das Stück eine Taktart haben oder nicht? Welchen Charakter hat es? Kommt der zweite Ton gleich nach dem ersten oder wird sein erstes Auftreten noch hinausgezögert? Übun­gen mit einem oder zwei Tönen können im Verlauf der Jahre immer wieder eingestreut werden und sind sehr ergiebig!

1 vgl. u. a. Matthias Schlothfeldt: „Schritte, Stimmen Türenknarren. Komponieren im Instrumentalunterricht“, in: üben & musizieren 5/2010, S. 32-35.
2 Dank an Gudrun Knop, die das Material aus ihrem Unterricht zur Verfügung gestellt hat.
3 vgl. u. a. Wolfgang Rüdiger: „Emoji-Impro. Gefühle ausdrücken auf nur einem Ton“, in: üben & musizieren 5/2018, S. 32-35.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 4/2019.