Spiekermann, Reinhild

Von „EÜR“ bis „KAP“

Ein ungeliebtes, aber wichtiges Thema: Steuererklärung für freiberufliche Instrumentallehrkräfte

Rubrik: musikschule )) DIREKT
erschienen in: üben & musizieren 5/2014 , musikschule )) DIREKT, Seite 06

Wir beenden unsere sechsteilige Serie zur Selbstständigkeit von Instrumental­pädagogen mit einem Beitrag zum Thema „Steuern und Finanzen“.

Wer sich als Instrumentallehrkraft selbst­ständig machen möchte, muss sich beim zuständigen Finanzamt anmelden, das heißt die Aufnahme einer selbstständigen (freiberuflichen) Tätigkeit mitteilen. Hierzu reicht ein klassischer Einzeiler: „Hiermit melde ich zum … [Datum] eine selbst­ständige Tätigkeit als Instrumentallehrer [oder Musiklehrer] an.“ Das Finanzamt übersendet dann einen Fragebogen zur steuerlichen Erfassung („Aufnahme einer gewerblichen, selbstständigen (freiberuflichen) oder land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit“). Alternativ kann man sich das Formular auch bei der Bundesfinanzverwaltung herunterladen (www.formulare-bfinv.de, Formular-ID: 034250) und sofort ausgefüllt mitschicken.
Im Fragebogen werden zunächst persön­liche Identifikationsmerkmale abgefragt (u. a. die Steueridentifikationsnummer, die 2008 jede in Deutschland gemeldete Person vom Bundeszentralamt für Steuern erhalten hat). Unter Art der Tätigkeit ist „Freie Musiklehrkraft“ einzutragen – das Unterrichten eines Instruments stellt kein Gewerbe dar. Nach Abfrage weiterer Daten – u. a. Anschrift des Unternehmens, Kommunikationsverbindungen, Beginn der Tätigkeit, eventuell weitere Betriebsstätten, Gründungsform (in der Regel zunächst Neugründung) – müssen dann „Angaben zur Festsetzung der Vorauszahlungen“ gemacht werden. Während bei Arbeitnehmern jeden Monat die Lohnsteuer automatisch einbehalten wird, muss der Selbstständige quartalsweise Steuervorauszahlungen leisten. Diese bemessen sich nach dem voraussichtlichen Jahresgewinn, der sorgfältig und realistisch geschätzt werden sollte. Es ist sinnvoll, für diese Vorauszahlungen Rücklagen zu bilden, selbst wenn zu Beginn einer Berufstätigkeit der Verdienst häufig noch niedrig ist und wenig (oder gar keine) Steuern gezahlt werden müssen. Die Art der Gewinnermittlung ist die Einnahmenüberschussrechnung. Im letzten Teil des Formulars geht es um Anmeldung und Abführung der Umsatzsteuer, die sogenannte Kleinunternehmerregelung bzw. um eine eventuell erlangte Umsatzsteuerbefreiung.

Einkommensteuererklärung

Das deutsche Steuergesetz kennt sieben Einkunftsarten, die als Gewinn- bzw. Überschusseinkünfte kategorisiert werden. Als Freiberufler erzielt man „Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit“, was zu den Gewinneinkünften gehört. (Als TVöD-Lehrkraft hat man „Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit“, die Überschusseinkünfte darstellen.) Die Höhe der zu entrichtenden Einkommensteuer hängt maßgeblich vom Gewinn ab. Dieser Gewinn ist im Rahmen einer Gewinnermittlung zu benennen. Dies geschieht in Form einer Einnahmeüberschussrechnung. Auf ein Steuerjahr bezogen werden alle Einnahmen erfasst, sodann steuerrelevante Ausgaben (Betriebskosten) davon abgezogen: Die Differenz ist der Gewinn, auch Einkünfte oder Einkommen genannt.
Liegen die Einnahmen unter 17500 Euro, reicht dem Finanzamt eine formlose Aufstellung von Einnahmen, Ausgaben bzw. dem ermittelten Gewinn. Wer über dieser Grenze liegt, muss seine Einnahmenüberschussrechnung auf dem amtlichen Formular „EÜR“ machen. Somit benötigt man bei einer Steuererklärung auf jeden Fall folgende Formulare: den Hauptvordruck (für persönliche Angaben, Sonderausgaben, Kinderbetreuungskosten etc.), die Anlage „S“ für die selbstständigen Einkünfte und gegebenenfalls die Anlage „EÜR“. Weitere Anlagen können je nach individueller Situation dazukommen (z. B. Anlage „Kind“, Anlage „KAP“ für die Erklärung von Zinseinkünften).
Das schlussendlich zu versteuernde Einkommen wird ermittelt, indem vom Gewinn noch Sonderausgaben (z. B. Vorsorge­aufwendungen, Kirchensteuer), außergewöhnliche Belastungen, eventuelle Freibeträge für Kinder oder auch der Alleinerziehendenentlastungsbetrag abgezogen werden. Liegt das zu versteuernde Einkommen unter dem Grundfreibetrag von derzeit 8354 Euro, muss man gar keine Steuern entrichten. In den ersten Berufsjahren können durchaus Verluste entstehen, die als Verlustvortrag oder Verlustrücktrag mit Einkünften anderer Jahre verrechnet werden können.
Freiberufler müssen ihre Steuererklärung elektronisch übermitteln und unterschreiben. Zur Erstellung der Steuererklärung kann man das Steuerprogramm ElsterFormular (kostenlos unter www.elsterformular.de) nutzen, für die elektronische Unterschrift muss man sich unter www.elsteronline.de mit der Steueridentifikationsnummer registrieren und eine Authentifizierungsvariante wählen.

Betriebseinnahmen und -ausgaben

Auf der Einnahmenseite stehen in erster Linie Honorare aus Unterrichtstätigkeit und Auftrittsgagen. Aber auch Tantiemen von Verwertungsgesellschaften, Verkaufserlöse (z. B. aus dem Verkauf eines Instruments, das bislang Teil des Betriebsvermögens war) oder Einnahmen in Geldeswert (sollte der Schüler beispielsweise in Sachleistungen „bezahlen“) sind Einnahmen.
Welche typischen Betriebsausgaben können beim Instrumentallehrer anfallen? Grundsätzlich unterscheidet das Finanzamt zwischen Kosten, die man für die private Lebensführung hat, und denen, die berufsbedingt entstehen und damit steuermindernd geltend gemacht, also „von der Steuer abgesetzt“ werden können. Hierzu zählen Arbeitsmittel wie Noten, Fachbücher und -zeitschriften, Instrumenten­zubehör, aber auch Instrumente selbst. Bei Bürokosten können beispielsweise Telekommunikationskosten, aber auch die Anschaffung eines PCs mit Zubehör geltend gemacht werden. Der Anteil beruflicher bzw. privater Nutzung sollte prozentual ermittelt und entsprechend belegt werden. Bei Wirtschaftsgütern, die brutto mehr als 1190 Euro kosten, erfolgt eine Verteilung des Kaufpreises auf die Nutzungsdauer (Angaben hierzu z. B. unter www.bundesfinanzministerium.de, Suchwort: AfA-Tabelle; bei Musikinstrumenten muss man gegebenenfalls eine realistische Frist selbst ansetzen oder sich auf Finanzgerichtsurteile beziehen). Diese „Absetzung für Abnutzung“ wird zeitanteilig, nämlich monatsgenau erfasst. Handelt es sich um geringwertige Wirtschaftsgüter zwischen 178,50 Euro und 1190 Euro brutto, dann kann man sie in einen Sammelposten einstellen und auf fünf Jahre abschreiben. Voraussetzung ist aber, dass sie selbstständig nutzbar sind, was bei Peripheriegeräten mitunter zu Problemen führen kann. Nur bei geringwertigen Wirtschaftsgütern unter 178,50 Euro erfolgt eine sofortige Absetzung im Ganzen.
Fahrtkosten zur Betriebsstätte (z. B. zum angemieteten Atelier), zu Auftritts- und Probenorten oder zum Instrumentenbauer sind absetzbar. Bewerbungs- und Akquisekosten gehören zu den absetzbaren Kosten (unabhängig, ob sie zum Erfolg führten oder nicht), auch Beiträge zu Berufsverbänden oder spezifischen Versicherungen. Betriebsausgaben werden weiterhin ausgelöst durch ein angemietetes Studio, einen externen Unterrichtsraum o. Ä.
Beim häuslichen Arbeitszimmer gilt jedoch, dass die anfallenden Kosten für Heizung, Strom, Wasser, Miete/Schuldzinsen, Hausratversicherung etc. (anteilig in Relation zur gesamten Wohnfläche) nur dann in voller Höhe absetzbar sind, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen Betätigung darstellt. Es darf sich außerdem nicht um ein Durchgangszimmer oder eine Arbeitsecke handeln, auch darf der Raum nicht mit Gegenständen bestückt sein, die privat genutzt werden. Der Steuerabzug ist auf 1250 Euro beschränkt, wenn man bei Unterrichtstätigkeit außerhalb das häusliche Arbeitszimmer lediglich zum Üben, Proben oder für Unterrichtsvorbereitungen nutzt und hierfür kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Da es in diesem Bereich viele Auffassungsunterschiede zwischen Musikern und Finanzamt gegeben hat und gibt, ist es hilfreich, sich über einschlägige Gerichtsurteile aktuell zu informieren (z. B. unter www.mediafon.net, Suchwort: Arbeitszimmer). Auch hinsichtlich der Absetzbarkeit von Bildungskosten (Aus- und Weiterbildung) gibt es immer wieder neue Informationen, hilfreich ist hier das jeweils aktuelle Finanztest spezial „Steuern“ (www.test.de).

Umsatzsteuer

Grundsätzlich muss jeder Freiberufler auch Umsatzsteuer erheben, also auf Produkte und Leistungen 19 Prozent Mehrwertsteuer aufschlagen (bzw. den ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent). Diese muss er dann ans Finanzamt abführen, jedoch kann er vorher die Mehrwertsteuer, die er selbst für Produkte und Dienstleistungen bezahlt hat, abziehen („Vorsteuerabzug“). „Kleinunternehmer“ können wählen, ob sie Umsatzsteuer erheben oder nicht. Kleinunternehmer ist man, wenn die Einnahmen im Vorjahr 17500 Euro, im laufenden Jahr 50000 Euro nicht überschreiten. Die Option, Umsatzsteuer zu bezahlen und auf die „Kleinunternehmer“-Regelung zu verzichten, sollte man nur wählen, wenn man auf der Betriebsausgabenseite hohe Mehrwertsteuern zu zahlen hat, was eventuell bei Anfangsinvestitionen (Anschaffung von Instrumenten, Inventar) der Fall sein kann. Für selbstständige Instrumentallehrkräfte ist es jedoch fast immer sinnvoll, eine Umsatzsteuerbefreiung zu beantragen: Entweder ist die Musikschule, an der man als Honorarkraft arbeitet, umsatzsteuerbefreit (Beleg geben lassen) oder man beantragt die Befreiung bei der zuständigen Landesbehörde (unter Umständen mit Kosten verbunden).
Die Hilfe eines Steuerberaters kann gerade zu Beginn einer freiberuflichen Tätigkeit sehr sinnvoll sein, insbesondere was die Komplexität des Themas „Umsatzsteuer“ angeht. Was einem aber keiner abnimmt: sämtliche Belege strukturiert zu sammeln und zehn Jahre aufzubewahren. Einen Vorteil hat es jedoch: Man hat jederzeit die Übersicht über die Geschäftsentwicklung und den wirtschaftlichen Erfolg seines Unterfangens!