Twelsiek, Monika (Hg.)
Wasser
25 Originalkompositionen für Klavier
Unter den vier klassischen Elementen ist das Wasser als Inspiration für KomponistInnen seit jeher das ergiebigste. Unzählige kleinere und größere Werke wurden vor allem in der Romantik und im Impressionismus geschrieben, deren Titel oder Bewegungsart auf das flüssige Element verweisen. Neben dem Orchester ist besonders das Klavier das geeignete Medium zur klanglichen Umsetzung derartiger Einfälle.
Im vorliegenden Band bündelt Monika Twelsiek 25 pianistische „Wassermusiken“ von Mendelssohn bis Satie, dazu erfreulicherweise auch einige Beispiele aus der Musik der vergangenen Jahrzehnte. Der Schwierigkeitsgrad liegt überwiegend im Bereich der (unteren) Mittelstufe, was bedeutet, dass gefürchtete wasserinspirierte Virtuosenstücke à la Liszt, Debussy oder Ravel nicht vorkommen.
Es ist vielmehr der Barcarollen-Typus, der hier vorherrscht, Wasser als meist sanftes gedankliches Movens für einen wiegenden 6/8-Gondelrhythmus: Barcarollen von Peter Tschaikowsky (aus den Jahreszeiten) und Gabriel Fauré (op. 90), venetianische Gondellieder von Friedrich Burgmüller und Felix Mendelssohn (fis-Moll) sowie, im pianistischen Anspruch deutlich nach oben ausbrechend, die Regatta Veneziana von Franz Liszt nach Gioacchino Rossinis Vorlage.
Auch die wassersportlichen Satiren Yachting, La pêche und Le bain de mer von Erik Satie, die meditativen Weiden, vollmonds im Wasser sich spiegelnd von Enjott Schneider oder Alexander Rosenblatts fantasievoll gezeichnete Wasserlilien im Schein der Abendsonne setzen diese Linie in jeweils origineller Stilistik fort.
Etwas fordernder bezüglich rascher Fingerbewegung kommt Die Quelle von Burgmüller daher, ebenso ein apart-motorisches h-Moll-„Bächlein“ von Edvard Grieg, der stimmungsvolle Wiesenbach von Edward MacDowell oder Barbara Hellers modal-ostinate Geschichte vom Schloss am Meer. Demgegenüber wirken das Matrosenlied und das Lied der italienischen Marinari aus Robert Schumanns Album für die Jugend, auch die in modernen Tanzrhythmen geschriebenen Stücke von Ernesto Nazareth (Schiffer), Scott Joplin (The Cascades), Eduard Pütz (Raining Cats and Dogs) oder Michael Zlanabitnig (Tanz der Regentropfen) wie zwar reizvolle, in Sachen Wasser aber wenig aussagekräftige, nur durch ihren Titel weitläufig legitimierte Zutaten zu diesem Band – ein Befund, den man auch auf das legendäre „Regentropfen-Prélude“ von Frédéric Chopin ausweiten möchte.
Die in ihrer Grundidee originelle Sammlung, sorgfältig ediert und mit guten Fingersatzhilfen ausgestattet, bietet sicher manche erfreuliche Abwechslung im Alltag des Klavierunterrichts. Ein zweiter, „virtuoser“ Band für KonzertpianistInnen, sozusagen von Liszt bis Sciarrino, müsste eigentlich folgen…
Rainer Klaas