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Ringhandt, Ute

Wechselseitiger Dialog

Gehörbildung im Instrumental- und Gesangsunterricht

Rubrik: Praxis
erschienen in: üben & musizieren 2/2019 , Seite 28

Gehörbildung im Instrumental- oder Gesangsunterricht? Aber ja! Doch wie kann man sie gestalten? Ute Ring­handt referiert die Ergeb­nisse einer kleinen Umfrage unter Instrumen­tal- und Gesangspäda­­go­gInnen und gibt praktische Tipps, wie Gehör­bildung in den Unterricht integriert werden kann.

Meine erste Frage lautete: „Lassen Sie Ihre Schülerinnen und Schüler mitunter Passagen oder ein ganzes Stück nur nach Gehör spielen, ohne Noten?“ Die überwiegende Anzahl der Befragten antwortete darauf mit „häufig“ oder „gelegentlich“. Ähn­liche Zustimmung erfuhr die Frage: „Animieren Sie Ihre Schülerinnen und Schüler, sich beim Spielen selbst zuzuhören?“ Hier zeigte sich, dass – nach Ansicht der Befragten – dafür die SchülerInnen etwas fortgeschrittener sein sollten, denn diese Fähigkeit, fügte ein Kollege hinzu, bedarf „großer Aufmerksamkeit und häufiger Erinnerung“.
Die Frage „Lassen Sie Ihre Schülerinnen und Schüler Teile der zu übenden Stücke auch nach- oder mitsingen?“ führte zu unterschied­lichen Antworten, die von „häufig“ bis „eher selten“ reichten. Überraschend viel Zustimmung fand die Frage „Denken Sie, dass im Instrumental- oder Gesangsunterricht Gehörbildung stattfinden sollte?“ Eine Antwort darauf lautete: „Im Prinzip ist das nach meinem Verständnis unumgänglich und im Spielen eines Instruments automatisch enthalten. Musizieren bedeutet Gehörschulung in mannigfacher Hinsicht.“
Bei der Frage „Führen Sie selbst kleinere Hör­übungen oder -diktate im Unterricht durch?“ reichte das Spektrum der Antworten von „gelegentlich“ bis zu „gar nicht“. Ein Holzbläserkollege präzisierte: „Was ich bewusst und betont lehre, ist das ‚Voraushören‘ von Tönen für sicherere Ansprache vor allem im Piano und bessere Klang- und Intonationskont­rolle. Darüber hinaus ist das intonatorische Vergleichen von Tönen oder das Abhören und Ausgleichen vor allem reiner Intervalle immer wiederkehrender Bestandteil meines Unterrichts.“
Zuletzt ging es um Anregungen der KollegInnen zum Thema Gehörbildung. Ein Klavierpädagoge führte aus: „Gehörbildung ist selbstverständlich Teil eines umfassenden Instrumentalunterrichts. Sie findet auf verschiedenen Ebenen statt: im Anfangsunterricht als anschauliche Vermittlung musikalischer Phänomene (Dur – Moll, Intervalle etc.), die nicht nur gelesen und benannt, sondern vor allem ‚gehört‘ = erlebt werden müssen. In allen Phasen des Unterrichts ist Gehörbildung im Sinne der Ausbildung einer inneren Klangvorstellung und einer Anleitung, dem eigenen Spiel kritisch zuzuhören, unerlässlich. Dies gilt besonders für das Klavier, dessen Art der Tonbildung die Gefahr eines rein mechanischen, ‚ungehörten‘ Spiels in sich birgt.“
Gehörbildung kann und soll also durchaus im Instrumental- und Gesangsunterricht stattfinden, eben weil sie „Voraushören“, die Fähigkeit, „dem eigenen Spiel kritisch zuzuhören“, und schließlich auch das musikalische Gedächtnis zu schulen vermag. Die folgenden Aufgaben sind daher als Anregungen für kleinere Gehörbildungseinheiten im Unterricht zu verstehen. Im Vordergrund steht der – Hören, Nachhören und Voraushören spielerisch praktizierende – Dialog zwischen LehrerIn und SchülerIn.

Pentatonische ­Einstimmung

Die Lehrperson gibt eine kleine Tonfigur vor (NB 1.1) und lässt sie nachspielen. Im folgenden Vor- und Nachspiel erhält die Figur eine rhythmische Kontur (NB 1.2). Nach dem „Ich-packe-meinen-Koffer“-Prinzip (erster Ton – erster und zweiter Ton – erster, zweiter und dritter Ton – erster bis vierter Ton…) wird aus dem ersten Einfall eine musikalische Phrase (NB 1.3), dann ein Zweitakter (NB 1.4) und schließlich ein Viertakter (NB 1.5). Auf Tasten­instrumenten können alle Schritte auf schwar­ze Tasten transponiert werden (NB 1.6).


Mit diesen ersten Beispielen lässt sich eine kleine Intervallstudie verbinden, die aufzeigen kann, welche Intervalle für pentatonische Themenbildungen charakteristisch sind. Außerdem sind diese Übungen zum Weiterspinnen und Variieren gedacht. Dabei kann auch ein Rollentausch zwischen den beiden Dialogpartnern vorgenommen werden.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 2/2019.