Barandun, Brigitta

Wie Begeisterung sich zeigt

Eine empirische Studie zum Enthusiasmus der Lehrkraft im Instrumental- und Gesangsunterricht

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Waxmann, Münster 2018
erschienen in: üben & musizieren 2/2019 , Seite 55

Im Mittelpunkt der vorliegenden Studie, der Druckfassung einer Wiener Dissertation, steht die Frage, welche Bedeutung für den Erfolg gelingenden Instrumental- oder Gesangsunterrichts die Persönlichkeit der Lehrkraft besitzt: Wie anspornend, einfühlsam und kraftvoll war seinerzeit der Lehrer? Im Unterschied zu zahlreichen anderen Arbeiten rückt in diesem Fall also nicht das Interesse, die Begabung und der Fleiß des Musikschülers in den Mittelpunkt, sondern sein Gegenüber, der – unter Umständen – jahrelange Musiklehrer mit allen Eigenheiten.
Dabei bekundet die Verfasserin eine bemerkenswerte Umsicht und Breite ihres Blickfelds. So geht sie etwa zu Anfang ihrer Ausführungen den zentralen Begriffen „Enthusiamus“ bzw. „Begeisterung“ in philologischer Hin­sicht nach und erörtert kenntnisreich und hintergründig den augusteischen Kernsatz: „In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst.“
Einen Schwerpunkt findet die Studie bei der Frage, wie „ernst“ die Lehrperson ihren Schüler oder ihre Schülerin im Persönlichen nimmt und welchen Wandlungen dieses Verhältnis altersbedingt unterliegt. Es zeichnet sich als wesentliches Ergebnis der Untersuchung ab, besonders beeindruckend seien solche LehrerInnen gewesen, die fachliche Kompetenz auf ihrem Instrument oder im Gesangunterricht mit direktem Interesse am persönlichen Wohlergehen ihrer SchülerInnen verbunden hätten: Die Lehrerin „war total interessiert, wie es dir geht, was du machst, was du erreichst… Und als Musiker finde ich das … sehr wichtig, weil, das ist ja als Musiker so ungewiss.“
Neben dem Interesse, das die Lehrperson unmittelbar der Persönlichkeit des Schülers oder der Schülerin entgegenbringt, überwiegen freilich jene Schüler-Erinnerungen, die sich besonders mit der künstlerischen Kompetenz ihrer Lehrkräfte befassen und dabei Anerkennung verraten, oft sogar tiefe Bewunderung. In diesem Zusammenhang steht auch die Experimentierfreude, welche die SchülerInnen bei ihren Lehrkräften beobachtet haben und die mit Blick gerade auf Fragen der Klanggestaltung für sie selbst zum Vorbild geworden ist: „Ja, es war interessant… Er hat sich sehr eingesetzt, für diese Geschichte mit den (Klang-) Farben. Und er hatte auch immer den Bezug auf andere Instrumente. Das fand ich sehr, sehr spannend.“
Die Erinnerungen an den eigenen Instrumental- und Gesangsunterricht fließen im Rückblick der SchülerInnen zuletzt in dem Begriff zusammen, ihr Lehrer habe eben eine „ganz eigene Art zu unterrichten gehabt“; womit – in einem positiven Sinne – auch das irrationale Moment gelingenden Gesangs- und Instrumentalunterrichts anklingt.
Albrecht Goebel