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Leßmann, Kai

Wie mach ich das nur mit der Steuer?

Ein fiktives Interview zu grundlegenden Steuerfragen freiberuflicher Instrumentallehrkräfte (Teil 2)

Rubrik: Recht & Versicherung
erschienen in: üben & musizieren 6/2020 , Seite 34

Bob Franklin hat beim ersten Telefonat mit dem Finanzamt schon sehr viel erfahren. Mittlerweile hat er den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung ausgefüllt, nur die Umsatzsteuer fehlt noch. Er ruft deswegen noch einmal bei der Existenzgründungsberatung des Finanzamts an.

Bob: Guten Tag, hier ist Herr Franklin. Wir hatten die Tage bereits telefoniert.
Existenzgründungsberaterin: An Sie erinnere ich mich natürlich, Herr Franklin. Ich hoffe, Sie haben durch unser Telefonat schon etwas mehr in die Thematik gefunden.

Auf jeden Fall. Nach einer intensiven Einarbeitung fehlt mir nun nur noch der Umsatzsteuerblock in meinem Fragebogen.
Gut zu hören, dass das Steuerrecht Sie nicht entmutigt hat. Dann greifen wir uns doch nochmal den Fragebogen. Aber bevor wir beginnen, kurz zu den Begrifflichkeiten: Mehrwertsteuer meint umgangssprachlich die Umsatzsteuer. Nach dem Umsatzsteuergesetz unterliegen Ausgangsleistungen eines Unternehmers der Umsatzsteuer, welche in Rechnung gestellt und an das Finanzamt abgeführt werden muss. Bemessungsgrundlage ist dabei immer das Entgelt netto, multipliziert mit dem Steuersatz1 von momentan 19 % oder 7 %.2 Vorsteuer liegt vor, wenn ein Unternehmer an einen anderen Unternehmer eine Leistung erbringt und der Empfänger diese Leistung für sein Unternehmen bezieht sowie diese für umsatzsteuerpflichtige Ausgangsleistungen nutzt.3 Der Empfänger kann dann die Umsatzsteuer als Vorsteuer, sprich Erstattungsbetrag geltend machen. Durch die Umsatzsteuervoranmeldungen und die Um­satzsteuerjahreserklärung erfolgt die Saldierung von Umsatzsteuer und Vorsteuer. Sie erwerben zum Beispiel ein Lehrbuch für 100 Euro zuzüglich 7 % Umsatzsteuer bei einem Buchhändler und können dann die 7 Euro Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen.4
Vorsteuer kann grundsätzlich allerdings nur geltend gemacht werden, wenn die Eingangsleistung für umsatzsteuerpflichtige Ausgangsumsätze verwendet wird, sprich keine Steuerbefreiung vorliegt. Also, wenn Ihr Unterricht umsatzsteuerfrei ist und das Buch für den Unterricht bestimmt ist, können Sie die 7 Euro auch nicht als Vorsteuer geltend machen. Dafür können Sie aber den Bruttobetrag 107 Euro als Betriebsausgabe in der Ertragssteuer, sprich: Gewinnermittlung ansetzen. Bei gemischter Veranlassung müssen Sie im Wege der Schätzung eine Aufteilung vornehmen.
Der Unterschied zwischen Ertragssteuer und Umsatzsteuer ist zunächst, dass es zwei unabhängige und auch unterschiedliche Gesetze sind. Rechtsbegriffe und rechtliche Würdigungen sind damit grundsätzlich losgelöst voneinander zu betrachten. Es kann zum Beispiel etwas steuerfrei in der Umsatzsteuer, aber steuerpflichtig in der Ertragssteuer sein. Das aus unserem Beispiel gekaufte Buch gehört zum umsatzsteuerlichen Unternehmensvermögen und ebenso zum ertragssteuerlichen Betriebsvermögen. Daneben gibt es in der Umsatzsteuer nicht die Begriffe Betriebseinnahmen und -ausgaben, sondern nur den Begriff Leistung/Umsatz. Dabei erbringen Sie als Dienstleister „sonstige Leistungen“ und keine Lieferungen, um einmal auch diese Begrifflichkeiten abgesteckt zu haben.
Wir schauen uns mal die nächste wichtige Frage auf dem Fragebogen an, um weitere Unterschiede zu entdecken. Es wird nach der geschätzten Summe der Umsätze im Jahr der Betriebseröffnung und des Folgejahres gefragt. Anders als in der Ertragssteuer, für welche wir am Anfang den voraussichtlichen Gewinn eintragen mussten, ist für die Umsatzsteuer ausschließlich der Umsatz maßgeblich.
Der Umsatz ist wirklichkeitsnah zu schätzen und zwar inklusiv Umsatzsteuer. Mit der Beantwortung werden die Fragen nach einer Kleinunternehmerschaft und die Verpflichtung zur Abgabe von Voranmeldungen behandelt, weil diese in Abhängigkeit zur Umsatzhöhe stehen. Grundsatz für die Voranmeldungen ist das Quartal: Beträgt die Umsatzsteuer bei Anwendung des Steuersatzes nicht mehr als 1000 Euro, muss nur die Jahreserklärung abgegeben werden. Wenn die Steuer höher als 7500 Euro liegt, müssen monatlich Vor­anmeldungen abgegeben werden. Die Betrachtung erfolgt dabei unabhängig von einer Kleinunternehmerschaft.
Wenn Sie zum Beispiel einen Umsatz von 5000 Euro bei dem Steuersatz von 19 % erwarten, beträgt die Umsatzsteuer 5000 Euro / 1,19 = Entgelt 4201 Euro × 19 % = 798 Euro, womit lediglich eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung eingereicht werden muss.
Wie Sie erkennen können, ergibt es Sinn, sich unter anderem wegen der Voranmeldungen vor Aufnahme der Tätigkeit beim Finanzamt zu melden, sonst muss man gegebenenfalls alle Monate nacherklären und dann sind wir wieder bei einem unberechtigten Steuervorteil, der sich als zeitlicher Vorteil darstellt.

1 § 12 UStG.
2 1.7.2020 bis 31.12.2020 Reduzierung um je 3 % (Corona).
3 § 15 UStG.
4 § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG, Rechnung liegt vor.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 6/2020.